- 182 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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ein zentrales Kriterium zu sein. Mit dieser Wertsetzung wird die elektroakustische Darstellung auf das Konzertereignis bezogen und an ihm gemessen.

Bedenkt man die oben genannten grundsätzlichen Unterschiede zwischen übertragener und im Konzert dargebotener Musik, ist dies nicht selbstverständlich. In dieser Studie soll daher geklärt werden, was mit Natürlichkeit bei elektroakustischer Musikübertragung gemeint sei. Der Natürlichkeitsbegriff wird dabei in erster Linie auf die Klangbildgestaltung bezogen, also auf die unmittelbare klingende Erscheinungsweise von Musikaufnahmen. Die Montage des aufgenommenen Materials zu einer Endfassung – zu Zeiten der Analogtechnik: der Bandschnitt – betrifft zwar ebenfalls im Kern die Frage der Natürlichkeit, sie soll jedoch in dieser Untersuchung nur am Rande berücksichtigt werden. Die Herangehensweise ist primär historisch: In einem Durchgang durch die Geschichte der Musikübertragung wird der Blick darauf gerichtet, wie sich der Natürlichkeitsbegriff gewandelt hat. Im Anschluss daran werden einige Schlussfolgerungen auf die Rezeption elektroakustisch übertragener und im Konzert gehörter Musik versucht. Die historische Darstellung stützt sich auf quellenkritische und empirische Untersuchungen.6

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Zu diesen Vorarbeiten und zur Materialgrundlage siehe vom Verf., Schallaufzeichnungstechnik und Klanggestaltung: Aufnahmetechnik, Klanggestaltung und Technikrezeption bei Aufnahmen klassischer Musik seit 1950, in: Technikgeschichte 65 (1998), S. 121–140; Technischer Fortschritt und künstlerische Verantwortung – Ein Rückblick auf 20 Tonmeistertagungen, in: Bericht 20. Tonmeistertagung Karlsruhe 1998, S. 568–585; Klangbildanalyse an alten und neuen Musikaufnahmen, in: Tonmeister Informationen 1997/1–2 (Jan./Feb.), S. 16–17.
Letztere haben nicht nur Entwicklungstendenzen belegt, sondern vor allen Dingen gezeigt, dass Musikaufnahmen zu keiner Zeit konform gestaltet wurden. Eine Betrachtung, die historische Entwicklungen ausleuchten will, muss sich also von vorneherein der Einschränkung bewusst sein, dass Zeitströmungen sich nur schwach ausgewirkt haben. Dennoch sind Strömungen erkennbar und sagen einiges darüber aus, wie sich die Auffassung von Musikaufnahmen gewandelt hat und in welchen Punkten sie über die Zeit unverändert geblieben ist.

2.  

Ein historischer Durchgang wird zeigen, dass sich in der Gestaltung einerseits, andererseits in der Diskussion um Musikaufnahmen immer wieder technische Innovationen widerspiegelten. Die wichtigsten Neuerungen in der Geschichte der Musikaufzeichnung sind

  • der Edison-Phonograph (1877)
  • das elektrische Aufnahmeverfahren (1925)
  • die Langspielplatte und das hochfrequenz(HF)-vormagnetisierte Tonband (um 1950)
  • die Stereofonie (1958)
  • die Digitaltechnik (um 1980).

In den ersten Jahrzehnten der Schallaufzeichnung wurde Schall zunächst auf Walzen gespeichert; in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts löste dann die Schellackplatte die Walze ab und blieb bis in die Fünfzigerjahre das dominierende Medium der Musikspeicherung. Die Epoche der Schellackplatte wird untergliedert


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