- 235 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Der neunte Abschnitt führt nun wieder ins Freie, d. h. genauer gesagt zum Schloß Hellbrunn am Rand von Salzburg. Die dort regelmäßig im Sommer stattfindenden Wasserspiele, welche ahnungslose Besucher stets aufs Neue zu lautstarken Überraschungsäußerungen verleiten, bilden in diesem Teil einen klanglichen Ausgangspunkt. Das Besondere an dieser Aufnahme der Wasserspiele – oder besser der Reaktionen darauf – ist, daß sie bereits 1932 entstanden ist, also nicht – wie fast alle anderen Aufnahmen – von mir selbst erstellt wurde. Dieses Band wurde mir freundlicherweise vom ORF Salzburg zur Verfügung gestellt. Auch die zweite klangliche Ausgangsebene dieses neunten Abschnittes ist ungewöhnlich. Hierbei handelt es sich um Aufnahmen von sogenannten Felsputzern, die mit ihren Hämmern Felswände nach losem Gestein abklopfen und dies – zur Vermeidung von Steinschlägen – gegebenenfalls entfernen. Man hört deutlich die Hammergeräusche und auch ihr permanentes Rufen der Namen Hauser und Jager, zweier – so die Legende – vor längerer Zeit verunglückter Kollegen.

Auch in diesem Teil wird zur Klangmodifikation die Technik der Resynthese verwendet. Die ist besonders deutlich hörbar am Ende des Wasserspielteils, an dem ein Klang-Ausschnitt mit ständig neuen Modifikationen wiederholt wird, und sich so immer weiter vom Ausgangsklang entfernt. Hier findet aber auch eine Klangbearbeitungstechnik Anwendung die unter der Bezeichnung „Convolving“ firmiert. D. h. ein Klang – vorzugsweise mit statischem, obertonreichem Spektrum, wird durch einen anderen – möglichst sprachähnlich impulshaften – Klang „artikuliert“. Das bedeutet, daß die zeitliche Struktur des zweiten Klanges in die harmonische Struktur des ersten Klanges eingebettet wird. Ein Beispiel für diese Modifikationstechnik können sie in diesem Abschnitt hören, wo die Rufe der Felsputzer zur Artikulation genutzt werden.

Klangbeispiel 6

Der folgende zehnte Abschnitt verwendet am Anfang eine Tonaufnahme von Aperschnalzern als Klangmaterial. Hierbei handelt es sich um die verbreitete alpenländische Tradition, mit Hilfe von Peitschenknallen die Geister des Winters zu vertreiben, um dem Frühling zum Durchbruch zu verhelfen. Dieses Peitschenknallen verwandelt sich im Verlauf dieses kurzen Formteils in das charakteristische Huftrappeln der Fiaker auf dem Salzburger Domplatz. Elektronische Modifikationen treten in diesem Teil vor allem in Form von Harmonisierungen der Peitschengeräusche auf.

Im elften Abschnitt von SALZBURGTRUM wird es zunächst – auch als Kontrast zum heidnischen Aperschnalzen – erneut sakral. Mit einem lauten Krachen fällt die Tür der Franziskanerkirche ins Schloß und sorgt – ähnlich wie im dritten Abschnitt im Dom – für einen akustischen Bruch. Dieser hält jedoch nicht lange vor. Diesmal sind es keine umherschlendernden Touristen, sondern es ist das Taufbecken, welches für akustische Ausbeute sorgt. Dazu gesellen sich in bester Eintracht profane Geräusche aus dem Kaffeehaus Tomaselli einschließlich der dort offenbar üblichen innerbetrieblichen Lautsprecherdurchsagen. Eine weitere Originalklangebene stellt der sogenannte „Salzburger Stier“ dar. Hierbei handelt es sich um einen Musikautomaten, der auf der Festung Hohensalzburg seinerzeit die Fürsterzbischöfe ergötzt hat und auch heute noch bei interessierten Touristen – vor allem durch seine Größe – ungläubiges Staunen hervorruft.


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