- 99 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Uwe Seifert


Musiktheorie, Künstliche Intelligenz

und Kognitionswissenschaft


Retrospektive und Perspektiven der 90er Jahre



Abstract


Es wird die These vertreten, daß eine Wiederbelebung wissenschaftlich fundierter musiktheoretischer Forschung innerhalb der Musikwissenschaft notwendig und möglich ist. In diesem Zusammenhang erfolgt die Darstellung bisheriger neuerer musiktheoretischer Ansätze. Die Lage der traditionellen Musiktheorie wird am Beispiel des Tristan-Akkordes verdeutlicht. Weiterhin wird die These vertreten, daß eine erfolgreiche Wiederbelebung musiktheoretischer Forschung nur im Rahmen des kognitionswissenschaftlichen Forschungsparadigmas möglich sein wird, dessen zentrales methodisches Hilfsmittel die Computersimulation kognitiver Prozesse ist. Die wesentlichen Annahmen, die der Computersimulation kognitiver Prozesse zugrunde liegen, werden erörtert.

Entscheidende Impulse zur Simulation und Modellbildung kognitiver Prozesse erhält die Kognitionswissenschaft von der Künstlichen Intelligenz (KI), daher werden die verschiedenen Paradigmen der KI-Forschung in bezug auf die musiktheoretische Forschung diskutiert. Die These wird vertreten, daß KI-Forschung angewandte Logik ist. Die Konzeptualisierung eines Untersuchungsbereiches bildet die Schnittstelle zwischen Intuition, Symbolisierung und Formalisierung bei der Wissensrepräsentation. Sie wird näher betrachtet. Ein Ausblick auf weitere Wege möglicher Forschungen beendet den Artikel.



1. Informationstechnologie und Musikwissenschaft


Die Informationstechnologie hat entscheidenden Einfluß auf alle Bereiche des alltäglichen Lebens. Sie wirkt auf so verschiedene Bereiche wie Kunst und Wissenschaft. In der Wissenschaft wirkt sie sich ebenso auf die Natur- wie auch auf die Geisteswissenschaften aus. Eine Erörterung des Verhältnisses von Musiktheorie, Künstlicher Intelligenz (KI) und Kognitionswissenschaft muß, da die Informationstechnologie prinzipiell neutral gegenüber ihren unterschiedlichsten Anwendungsbereichen ist, zunächst die Forschungsziele des in Frage kommenden potentiellen Anwendungsgebietes herausarbeiten als auch die Informationstechnologie näher spezifizieren.

Die Informationstechnologie steht in einer speziellen Beziehung zur Geisteswissenschaft. Einerseits ist sie als Informationstechnik eine Ingenieurwissenschaft, die wie jede andere Ingenieurwissenschaft auf Anwendung zielt. Sie ist - pragmatische Aspekte in den Vordergrund stellend - somit nach herkömmlichem Verständnis von der Natur- und Geisteswissenschaft zu unterscheiden. Als Technologie steht sie jedoch zum Teil in enger Verbindung mit der Naturwissenschaft. Andererseits ist es


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