Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die Musikdramaturgie sich dem Stil des Films
anpasst: Teilweise melodramatisch, teilweise authentisierend schwankt sie zwischen zwei
verschiedenen Inszenierungsweisen, wobei sie sich dennoch durch eine stilistische
Geschlossenheit auszeichnet, da das Gros der Takes durch das Blues- bzw. Country
& Western-Idiom bestimmt ist. Sie enthält jedoch nicht (oder im Falle der
Hereinnahme fernöstlicher Klänge nur sehr vage), wie bei anderen Filmen des
Regisseurs der Fall, zusätzliche Informationen, die für das Verständnis des Films
unerlässlich sind. Vielmehr verbleibt sie in recht konventioneller Weise in einer
vorwiegend atmosphärischen Funktion und scheut nicht davor, durch gängige
musikalische Mittel eine Emotionalisierung und Identifikation des Zuschauers zu
provozieren.
Au revoir les enfants – wenig Musik, große WirkungDer im Januar und Februar 1987 gedrehte Spielfilm Au revoir les enfants ragt in mehrfacher Hinsicht aus dem Schaffen von Louis Malle heraus. Es ist der erste Film, den der Regisseur nach seiner Rückkehr nach Frankreich drehte und zugleich ein Werk, welches zum Pflichtprogramm einer ganzen Generation von Schülern gehörte und auch den Einzug in deutsche Klassenzimmer fand und findet. Der bedeutendste Aspekt ist jedoch, dass der Film eine Geschichte wiedergibt, über deren Verfilmung Louis Malle sagte: »Es jagte mir Angst ein, weil es so wichtig für mich war, der wichtigste Bezugspunkt, das bedeutsamste Ereignis meiner Kindheit, vielleicht sogar meines Lebens.«256
In diesem stark autobiographisch gefärbten Film, der eine wahre Begebenheit widerspiegelt, erlebt Malles alter ego Julien, wie die Gestapo im Jahre 1944 jüdische Schüler in einem Internat festnimmt. Dieses einschneidende Erlebnis hat Malle sein Leben lang verfolgt. Bereits in Interviews aus den frühen 70er-Jahren257
Der Film handelt von Julien Quentin, einem zwölfjähriger Internatszögling, der ein katholisches Collège besucht und seinem neuen Mitschüler und Bettnachbarn Jean Bonnet zunächst misstrauisch und mit Neid begegnet, eine Einstellung, die sich im Laufe des |