- 218 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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urbanen Volksmusikern«,586
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Ebda., S. 37
sie spielten »in ihrer Gemeinde und für sie: bei Paraden und Picknicks, in Parks und auf Friedhöfen, in der Kneipe und im Ballsaal«.587
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Ebda.

Jazz entstand in einem Prozess, der sich über Jahrzehnte hinzog und an dem im 20. Jahrhundert auch zunehmend weiße Musiker beteiligt waren. Diese waren oftmals an ihrem Instrument technisch besser ausgebildet, sofern man den Worten des bekannten (weißen) Bandleaders Nick LaRocca Glauben schenken darf: »In diesen frühen Tagen spielten die farbigen Kapellen ein Konglomerat an Lärm und hatten meistens noch damit zu tun, die Instrumente der Weißen zu beherrschen [...] die frühen Negerorchester waren mit Violinen, Banjos und Cellos überladen, wenn es nicht gerade reine Brass-Marschbands waren; sie spielten alles andere als Jazz, und vom afrikanischen Rhythmus wußten sie erst recht nichts.«588

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Nick LaRocca in Lange, Horst H.: Als der Jazz begann. 1916–1923. Berlin: Colloquium 1991
Nick LaRocca war der Bandleader der Original Dixieland Jazz Band, die 1917 die erste Jazz-Schallplatte der Welt einspielte und laut Horst H. Lange die erste Band der Welt war, die wirklich Jazz spielte: »Keine einzige der farbigen Bands, keiner der farbigen Solisten, ganz gleich woher sie kamen, aber auch keine weiße Kapelle jener Zeit (1895–1916) spielte auch nur eine Spur jener Musik, welche die ODJB ab 1916 als erste Band präsentieren sollte: Kollektivspiel der (fünf) Instrumente im Two-Beat-Rhythmus, mit vereinzelten Instrumenten-Breaks, in voller Improvisation – also Jazz.«589
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Lange (1991), S. 29
In der Enzyklopädie Musik in Geschichte und Gegenwart wird dagegen der New Orleans Jazz als Ergebnis des Zusammentreffens der Ragtime-Musik mit dem Blues und der Musik der Kreolen und mit Namen wie Kid Ory, Buddy Bolden und Jelly Roll Morton in Zusammenhang gebracht. Wie man auch immer die schwierige und wahrscheinlich kaum zu beantwortende Frage, wer den Jazz erfunden habe, lösen will – hier soll noch einmal auf die Verschmelzung der oben genannten verschiedenen Stile hingewiesen werden, wobei im Zusammenhang mit dem Film Pretty Baby vor allem der Ragtime und der Blues von Bedeutung sind.

Storyville

Der Name ›Storyville‹ rührt vom New Orleanser Stadtrat Sidney Story her, der 1898 beantragte, ein fest abgestecktes Gebiet nördlich der Basin Street für die Prostituierten zur Verfügung zu stellen, um eine bessere Kontrolle dieses Gewerbes zu erzielen. Dieser Schritt schien notwendig, da zum damaligen Zeitpunkt die wilde Prostitution eine solche Dimension erreicht hatte, dass der Preis für eine Jungfrau bei $800 lag und sogar eine Lehrerin die Jungfräulichkeit ihrer Schülerinnen verkaufte, um ihr Gehalt aufzubessern.590

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Vgl. Palmer, Tony: All you need is love. Die großen Musikstile – von Ragtime bis Rock. St. Andrä-Wördern: Hannibal 1994, S. 46
Im November 1917 wurde das Viertel geschlossen, da die US-Marine zum Schutze ihrer Soldaten die Prostitution im Umkreis von fünf Meilen um militärische Stützpunkte untersagte. In seiner Autobiographie Doctor Jazz liefert Jelly Roll Morton eine anschauliche Beschreibung von der Atmosphäre des Viertels:


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