50er-Jahren
veröffentlicht wurden und von denen jene Truffauts und Astrucs als wegweisende Manifeste
gelten.699
Vgl. Astruc, Alexandre: »Naissance d’une avant-garde: la caméra-stylo«. In: L’Ecran français
144, 30. 3. 1948; Truffaut, François: »Une certaine tendance du cinéma français«. In:
Cahiers du Cinéma 31 (1/54), S. 15–29. Vgl. außerdem: Truffaut, François: »Seule la crise
sauvera le cinéma français«. In: Arts, 8. 1. 1958; Michel Dorsday: »Le cinéma est mort«.
In: Cahiers du Cinéma 16 (10/52), S. 55–58
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Das Sprachrohr für die jungen Filmenthusiasten waren die zahlreichen
Fachzeitschriften, unter denen die Cahiers du Cinéma eine herausragende Stellung
einnahmen.700
Weitere Filmzeitschriften: Image et Son (gegr. 1946), Téléciné (1946), Positif (1952),
Cinéma (1954).
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Oftmals aus den ciné-clubs hervorgegangen, boten diese Magazine eine Plattform zur kritischen
(und oftmals auch polemischen) Auseinandersetzung mit aktuellen Produktionen. Tenor dieser
Kritik war die Forderung nach einem Autorenkino, in dem der Regisseur nicht nur als
unverbindlicher Ausführender des (von anderer Hand geschriebenen) Drehbuchs fungiert,
sondern den gesamten Filmprozess gestaltet. Neben der zunehmenden Beschäftigung
mit dem Phänomen Film seitens der Bevölkerung erfuhr dieser auch von offizieller
Seite eine Aufwertung: Mit der Errichtung des Amtes des Ministère de la Culture
unter André Malraux wurde der Film 1959 in ein neues staatliches Förderungssystem
eingebunden. Zudem gewannen Film-Festivals wie in Biarritz, Antibes, Tours und
nicht zuletzt Cannes an Bedeutung und rückten den Film verstärkt in das kulturelle
Leben.
Wachsende Beschäftigung mit Film, Ausweitung des Kino-Publikums auf
traditionelle Konzert- und Theaterbesucher, offizielle Aufwertung des Kinos als
Kunst, Filmwissenschaft als universitäre Disziplin – dies sind die Anzeichen
dafür, dass sich das französische Kino in den 50er-Jahren in einer Entwicklung
befand, die mit der Nouvelle Vague 1959 einen entscheidenden Impuls
bekam.701
Es sei nur am Rande bemerkt, dass der Begriff ›Nouvelle Vague‹ kein einheitliches
ästhetisches Programm repräsentiert, sondern vielmehr von der Presse gewählt wurde, um
die große Anzahl von Debütfilmen 1959/60 zu klassifizieren. Gemeinsam haben viele dieser
Produktionen, dass sie sich radikal von den bisherigen cinéma de qualité-Filmen sowohl in
ästhetischer als aber auch ein produktionstechnischer Weise unterscheiden; ein Aspekt, der
im Rahmen dieser Studie nicht näher ausgeführt zu werden braucht.
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Neben der Gruppe der Cahiers du Cinéma-Kritiker (Truffaut, Chabrol, Rohmer,
Rivette, Godard u. a.), die als Hauptmotor dieser neuen Bewegung galten, ist vor
allem eine Gruppe von Regisseuren erwähnenswert, die man als ›Rive gauche‹
bezeichnete. Unter ihnen befinden sich Regisseure, die einerseits teilweise bereits auf
Kurzfilmerfahrungen zurückblicken können, andererseits mit der Literatur verbunden
sind (Alain Resnais, Marguerite Duras, Alain Robbe-Grillet, Agnès Varda u. a.). Die
Neuartigkeit der filmischen Handschrift zeigt sich vor allem in Filmen Resnais’ wie
Hiroshima, mon amour und L’année dernière à Marienbad. Gerade letzterer Film macht
deutlich, dass sich ein Teil der Filme der Nouvelle Vague aufgrund ihres experimentellen
Charakters nicht an ein Massenpublikum richtet, sondern vielmehr in intellektuellen
Kreisen rezipiert wurde. Dieser Aspekt unterstreicht gleichzeitig die Aussage
Jean-Pierre Jeancolas’, das Kino der Nouvelle Vague sei ein Kino der Elite und der
Studenten.702
Vgl. Jeancolas, Jean-Pierre: Le cinéma des français. La Ve République 1958–1978. Paris:
Stock 1979, S. 124: »[. . . ] c’est surtout dans les villes universitaires que les films nouvelle
vague ont circulé. Ils étaient réservés à ce qu’on supposait être une élite. La nouvelle vague
a été un cinéma de notables et d’étudiants.« (»[. . . ] die Nouvelle Vague-Filme wurden vor
allem in Studentenstädten für eine mutmaßliche Elite gezeigt. Die Nouvelle Vague war ein
Kino der Studenten und der Spitzen der Gesellschaft.«)
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Bei der Betrachtung der Rezeptionssituation
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