der Nouvelle Vague-Filme ist jedoch
einerseits zu beachten, dass ein gravierender Unterschied zwischen der Metropole
Paris und der französischen Provinz in Bezug auf die Programmgestaltung
der Kinos respektive der Bevölkerungsschichten unter den Kinobesuchern
herrscht; andererseits ist die Annahme, dass lediglich ein kleiner, elitärer Teil
des Publikums sich Nouvelle Vague-Filme anschaute, falsch. Filme wie Les
Quatre cents coups und A bout de souffle waren durchaus Publikumserfolge;
jedoch laut Jacques Doniol-Valcroze aus irrtümlichen Gründen, nämlich ohne
dass der ›Antikonformismus‹ und die Neuerungen dieser Filme erkannt
wurden.703
Für die Disposition des Publikums war die wachsende kritische Auseinandersetzung mit dem Film, sei es auf höherer Ebene in den zahlreichen Magazinen und Fachzeitschriften, sei es auf privater Ebene in Diskussionen und lokalen ciné-clubs, wie bereits oben erwähnt, von entscheidender Bedeutung. Es wurde viel über Film geredet und philosophiert; neben Organisationen wie der AFCAE (Association française des cinémas d’Art et d’Essais) wurden zahlreiche Kinos ins Leben gerufen, die sich auf Filme spezialisierten, die in anderen Sälen aus ökonomischen Gründen nicht gezeigt wurden und in denen auch organisierte Diskussionen stattfanden. So war das ›Studio Parnasse‹ regelmäßig Ort für Debatten mit André Bazin und den Cahiers-Kritikern. Das Phänomen Kino kannte demnach in diesen Jahren eine enorme Popularität und verzeichnete hohe Zuschauerzahlen, die in den darauffolgenden Jahren immer weiter zurückgingen.
Das Verhältnis des Filmschaffenden zum PublikumDie ernsthafte Beschäftigung mit Film seitens des Publikums lässt vermuten, dass sich die Filmschaffenden einer Zuschauerschaft sicher sein konnten, die jedenfalls in Teilen die innovativen Ansätze und die Neuerungen der Filmsprache zu bemerken und zu würdigen wusste. Durch die zunehmende Schulung und gerade die intellektuelle Auseinandersetzung mit Film konnten die Regisseure davon ausgehen, dass |