die
Filmbetrachter in der Lage waren, in den Film eingebundene Verweise und Zitate zu
erkennen und zu dechiffrieren.
In diesem Kontext ist die ästhetische Position Louis Malles zu sehen, der sich zwar keiner Strömung der Nouvelle Vague verpflichtet fühlte, aber mit seinen Altersgenossen die Leidenschaft für den Film und die Überzeugung der Notwendigkeit eines Lösens der Erstarrung der französischen Filmproduktion teilte und zudem eine ähnliche filmische Bildung durch ciné-clubs und die Cinémathèque genossen hatte. Zweifellos sind die Filme Malles nicht mit der experimentellen Filmsprache Godards oder des frühen Resnais zu vergleichen, sie bedienen sich in ihrer Mehrzahl auch nicht der Ästhetik des kritisierten cinéma de qualité. In Bezug auf das Verhältnis von Regisseur und Filmbetrachter und von Filmbetrachter und Werk sei an dieser Stelle André S. Labarthe zitiert:
»[...] il est évident qu’un film comme Marienbad préconise une forme de ›rapport au publique‹ qu’ignorent la plupart des produits de Clouzot ou Autant-Lara. Autrement dit (et on pourrait aussi bien prendre des exemples chez des compositeurs modernes), il semble que ce qui constitue l’apport essentiel de l’art (et du cinéma moderne) soit la manière dont les créateurs ont inclu le spectateur dans le projet même de leur création.«705
Labarthe unterscheidet offensichtlich zwischen einem aktiven Teilnehmen und einer persönlichen Interpretation des Gesehenen auf der einen Seite und einem eher passiven Unterhaltenwerden auf der anderen. Gleichzeitig bewertet er den Miteinbezug des Rezipienten in das Werk als wesentlichen Aspekt der Kunst im Allgemeinen. Das Werk Louis Malles entspricht dem Anspruch Labarthes auf die Weise, als dass Malle seine Filme als Ausgangspunkt und Anregung für eine persönliche Reflektion des Filmbetrachters ansieht. Es nimmt demnach in Bezug auf den Kommunikationsprozess von Werk und Publikum eine Zwischenposition zwischen dem oben zitierten anspruchsvollen Werk Resnais’ und den Filmen der letztgenannten Regisseure ein. Malle fordert vom Rezipienten mehr als nur ein passives Unterhaltenwerden. Diese rezeptionsästhetische Haltung Malles zeigt sich nicht nur in seinen Statements zu ›Skandalfilmen‹ seiner Karriere bzw. in der ausführlichen Besprechung seiner Indien-Dokumentationen706
|