- 347 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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  B. Analyse der Rezensionen zu den Aufführungen zwischen 1919 und 1933


Kürzel:1
1
Die Nachweiskürzel sind auf S. 169ff. entschlüsselt.
A = Aachen
B = Berlin
Br = Bremen
D = Dresden
F = Frankfurt
H = Hamburg
Ha = Hannover
K = Köln
Ka = Karlsruhe
L = Leipzig
P = Prag
W = Wien
Wb = Wiesbaden

I. ZUM WERK ALS GANZES

  Charakterisierung


Die »tragische«. Sollen wir sie so nennen? Ist nicht jede Symphonie Mahlers eine tragische? Ist die Sechste vielleicht die tragischeste und darum die »tragische« in der allgemeinen Bezeichnung? Nein – denn späterer Werke größere Tragik lehnt sich gegen das irreführenden Schlagwort auf. Die prachtvolle, die verkannte, die fast nie aufgeführte, die gewaltige – so sollten die sie heißen, die sich mit der Symphonie in A-moll nicht begnügen können. Schärfer und bewußter hat nie ein schaffenden Musiker die Tonart eines Werkes festgelegt und behauptet, wie eben Mahler das A-moll in der Sechsten Symphonie. Der erste und der dritte Satz, dann wieder im vierten Satz das Allegro energico und der überwältigende Schluß der Symphonie, der mit der Episode der A-dur-Imitation gerade das ausklingende A-moll besonders deutlich hervorhebt, sie alle sind in A-moll. [. . . ] Viel Gewaltigeres kennt die symphonische Literatur der Welt nicht. [. . . ] die schwelgerischen Schönheiten der wunderreichen Partitur [W19/B]

Richard Specht bemerkte einmal, eine solche Schöpfung dürfe nur selten, und dann vor einer gewählten Hörerschaft aufgeführt werden. Die Richtigkeit einer solchen Anschauung erwies die jüngste Aufführung dieses überdimensionierten Werkes durch Oskar Fried. Das ist keine Symphonie im landläufigen Sinne, was sich da vor unseren Ohren entwickelt, das ist keine Programmusik, sondern eine der größten Tragödien, die der Feder des großen Meisters entflossen. Die ganze Tragik der Weltereignisse tritt aus diesen Klängen hervor, die sich unter Hammer- und Beckenschlägen, unter Glockenläuten und Tamtamwirbeln aus dem düstersten und gequältesten Pessimismus eines Schopenhauer zu dem unter Schmerzen lächelnden Optimismus, zu der großen tragischen Heiterkeit der großen Klassiker durchringen. [W19/C]

der sogenannten »tragischen« [B20/A]


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