- 15 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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2.  Stand der Forschung

Dieses Kapitel verfolgt drei Ziele. Zum ersten soll es dem Leser einen knappen Überblick über die Performanceforschung verschaffen, um den Platz Rubatos und der MaMuTh in diesen Rahmen einordnen zu können. Zweitens sollen die wichtigsten Erkenntnisse der Chopinforschung – insbesondere in Bezug auf die Interpretation – zusammengefasst werden, um eine wissenschaftliche Grundlage für die anstehende Interpretation mit Rubato zu erschaffen. Schließlich soll durch eine genaue Betrachtung der Literatur über die beiden Etüden bewiesen werden, dass eine eigene, detaillierte Analyse dieser Stücke notwendig ist.

2.1.  Performanceforschung

Die Performanceforschung ist ein Zweig der Musikwissenschaft, der sich mit der Frage auseinandersetzt, nach welchen Regeln ein Notentext von Musikern akustisch umgesetzt wird bzw. werden kann1

1 Der hier verwendete Begriff ›Performanceforschung‹ ist gleichzustellen mit dem von Danuser definierten Studium der ›performativen Interpretation‹ (vgl. Danuser [1994], S. 1054).

. Hierzu werden hauptsächlich drei Ansätze benutzt: ein historischer, psychologischer und analytischer2

2 Diese Dreiteilung wird in Dunsby [2001] vorgeschlagen.

. Der historische Ansatz beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie die Musik in vergangenen Zeiten aufgeführt wurde. Mit der psychologischen Herangehensweise werden Fragen beantwortet, die mit der Reaktion des Gehirns auf musikalische Stimuli verbunden sind. Der analytische Ansatz, der in dieser Arbeit im Vordergrund steht, beschäftigt sich schließlich mit dem (meist notierten) Werk an sich und mit den Beziehungen zwischen ihm und seiner akustischen Umsetzung.

Die Anfänge der Performanceforschung gehen in den 1930er Jahren auf die mit einem psychologischen Ansatz durchgeführten Arbeiten von Seashore und von Hartmann zurück (siehe Seashore [1938] und Hartmann [1932]). Dennoch: »Only in the late 20th century did momentum begin to gather for the study of [music in performance]« (Dunsby [2001], S. 346). In der deutschen Musikwissenschaft ist sie jedoch bis heute »ein nur gering beachtetes Forschungsfeld [. . . ] geblieben« (Stange-Elbe [1999], S. 1).

Trotz ihrer neuerlichen Entwicklung wird Performanceforschung im Verhältnis zu ihrer Wichtigkeit für das Verständnis des Musizierprozesses immer noch wenig betrieben:

The consideration of bases for interpretive decision in cogent musical realizations would appear to be of fundamental significance to theorist and performer alike. Yet music theory has, by and large, surprisingly little to say about issues of interpretation as these might reasonably derive from observations and hypotheses about musical form, structure, and process (Berry [1989], S. 1).


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