werden, dass
intuitive und wissenschaftlich begründbare Interpretationsgestaltungen sich nicht
von vorneherein gegenseitig ausschließen. Die Frage, inwiefern sie sich ähneln
oder ergänzen, wird aber wahrscheinlich noch über Jahre hinweg offen bleiben
werden.
Die Performanceforschung ist ein breites Feld, selbst dann, wenn sie nur aus einer musikanalytischen Perspektive betrieben wird. Um den Platz dieser Arbeit in der aktuellen Forschung präziser zu definieren, sollen nun zwei wichtige Ansätze vorgestellt werden, an denen hier angeknüpft werden soll: die strukturelle Performanceforschung und die sog. Synthesis-by-Rules.
2.1.1. Strukturelle PerformanceforschungDie strukturelle Performanceforschung beschäftigt sich allgemein mit den Beziehungen zwischen der musikalischen Struktur und ihrer akustischen Umsetzung. Auf diesem Gebiet bildet – zumindest in der anglosäxischen Musikwissenschaft – Wallace Berrys Musical Structure and Performance (Berry [1989]) eine wichtige Quelle. Der Grund hierfür liegt wahrscheinlich in der Tatsache, dass der Autor, langjähriger Professor an der University of British Columbia, die drei für das Verständnis der Interpretationsprozesse wichtigsten Tätigkeiten ausgeübt hat: Er war gleichzeitig erfolgreicher Komponist, Pianist und Musiktheoretiker. Sein Buch zeigt ein tiefes Verständnis für alle drei musikalischen Aspekte, das bis heute noch nicht übertroffen wurde. Sieht man von der MaMuTh und der auf ihr aufbauenden Interpretationsgestaltung ab, sind Berrys Ansätze denen dieser Arbeit nicht unähnlich. Er benutzt eine eigene Technik der parametrischen Analyse, um Werke oder Ausschnitte einer detaillierten Analyse zu unterziehen. In Eintracht mit seinem Postulat, dass die Qualität eines Werkes unter anderem darin besteht, mehrere Deutungen zuzulassen, präsentiert Berry zu jedem Stück verschiedene analytische Perspektiven. Hauptziel des Unterfangens ist es, dem Interpreten zu helfen, bei der Interpretationsgestaltung akkurate Entscheidungen zu treffen: »If, as commonly conceded, there is no ›best‹ or ›correct‹ interpretation of a piece, there are nonetheless infinite possibilities of misrepresenting, and of interpretive intrusion; analysis must often tell the performer what should not be done« (Berry [1989], S. 10). Dabei wird der Oberfläche der Musik – den unmittelbar hörbaren, in einem sehr kleinen Rahmen3
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