- 18 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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Mehrere von Berrys Prinzipien sollen in dieser Arbeit umgesetzt werden. Seine Behauptung, nach welcher im Hinblick auf eine Performance eine detaillierte Analyse – bzw. eine Analyse des Details – nicht nur möglich, sondern notwendig sei, soll auf starke Resonanz treffen: Nicht nur die parametrische, sondern auch die interpretatorische sowie die informationstechnologische Analyse sollen ein peinlich genaues Bild von den beiden Etüden liefern – in der Hoffnung, dass dadurch einer möglichst großen Anzahl von Noten eine Art ›Bedeutung‹ zugeschenkt und damit die Qualität der Performances gesteigert wird. Des weiteren soll das Arbeiten mit Rubato die vergleichende Gegenüberstellung von verschiedenen analytischen Perspektiven – und somit auch von diversen klanglichen Umsetzungen – ermöglichen, gar fördern, indem der Einsatz von diesem oder jenem Gewicht diskutiert wird. Und schließlich kann jetzt schon erwähnt werden, dass Berrys Technik(en) zur parametrischen Analyse denen von LaRue ziemlich nah sind. Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen beiden Techniken sollen in Kap. 3.2 diskutiert werden.

2.1.2.  Synthesis-by-Rules

Ein zweiter wichtiger Ansatz, welchem diese Arbeit ähnelt, ist die Synthesis-by-Rules (auch Synthesis-by-Analysis genannt). Diese versucht, durch Analyse bzw. durch triviale Regeln musikalisch sinnvolle Performances herzustellen, die anschließend im Rahmen von Hörexperimenten bewertet werden. Dieser Zweig der Performanceforschung wurde hauptsächlich von Johan Sundberg, einem schwedischen Musikwissenschaftler und Akustiker, entwickelt und befindet sich an der Grenze zwischen Musikanalyse und Musikpsychologie.

Die Grundgedanken hinter der Synthesis-by-Rules können anhand von zwei Artikeln4

4 Fryden/Sundberg [1984] und Sundberg et al. [1991]

zusammengefasst werden. Ein Mitarbeiter von Sundberg, Lars Fryden, hatte in seiner langjährigen Tätigkeit als Instrumentallehrer mehrere Hypothesen aufgestellt bezüglich der Regeln, nach welchen eine Interpretation gestaltet werden kann bzw. soll. Diese Hypothesen wurden in verschiedenen Versuchen getestet, indem sie bei der Synthese von MIDI-Performances einstimmiger Musik umgesetzt und diese Performances anschließend empirisch bewertet wurden. Diese Studie – dessen Resultate in Fryden/Sundberg [1984] veröffentlicht wurden – fand beispielsweise heraus, dass das Hinzufügen von sehr kurzen Pausen am Ende der musikalischen Sätze und Satzteile qualitativ als positiv bewertet wurde. Ebenso wurde das Einfügen von crescendi an Stellen, an welchen die Harmonie sich von der Tonika entfernt, und umgekehrt von decrescendi bei Annäherungen zur Tonika, als Verbesserungen der Performance empfunden. In Sundberg et al. [1991] wurde die erste Studie weitergeführt, indem ein eigens zu diesem Zweck entwickeltes Programm (Rulle) benutzt wurde, um einstimmige Melodien interpretatorisch zu gestalten. Es wurden professionellen Musikern solche Melodien als klingende MIDI-Dateien am Computer vorgelegt mit der Anweisung, an verschiedenen Reglern des Programms zu drehen, um die nach ihrem Urteil beste Interpretation festzulegen. Fünf der sechs von den Autoren postulierten Regeln zur Interpretation erwiesen sich dabei als richtig. Es wurde beispielsweise herausgefunden, dass bei einem melodischen Sprung eine kurze Pause eingebaut und kurze Noten generell leiser gespielt werden sollten.

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