- 139 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit 
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5.2.  Der Hamburger Orchesterwettbewerb 1995

Die teilnehmenden Ensembles des vom Deutschen Musikrat ausgerichteten ›Deutschen Orchesterwettbewerbs‹ (s. Kap. 3.4) werden in Landeswettbewerben jeweils im Vorjahr mittels eines Wertungsspiels ermittelt. Die Durchführung dieser Vorentscheidung liegt in der Verantwortung des Landesmusikrates. Eine Videoaufzeichnung vom Hamburger Orchesterwettbewerb 1995 vermittelt einen optischen und akustischen Eindruck von vier der fünfzehn per Fragebogen angeschriebenen Orchester. Zwei Ensembles wurden bei der Befragung der Kategorie V, zwei der Kategorie S zugerechnet. Da sich die V-Orchester der Ausscheidungswertung nicht stellten (sie erfüllten nicht alle Teilnahmebedingungen6

6 Der Prozentsatz von ›ausgebildeten‹ Musikern, d.h. nach der Ausschreibung auch Musikstudierende und studierte Musiker, selbst wenn sie nicht in einem entsprechenden Beschäftigungsverhältnis stehen, ist auf 10 % begrenzt und wurde in diesen Fällen sicher überschritten. (DEUTSCHER MUSIKRAT: Ausschreibungstext zum 4. DOW 1996, S. 8.)
), war die Veranstaltung als ›Begegnung Hamburger Orchester‹ konzipiert, die neben den klassischen Laiensinfonie- und Kammerorchestern auch Mandolinen-, Gitarren- und Jazzorchester sowie eine Big band-Formation und damit insgesamt neun Ensembles zusammenführte. Der NDR hatte ein Studio zur Verfügung gestellt, der Landesmusikrat sorgte für eine Fotodokumentation, einen Audio-Mitschnitt, der später von den Mitwirkenden erworben werden konnte, und eine Videoaufnahme, die für den Offenen Kanal bestimmt war.7
7 Begrüßung durch einen Vertreter des Landesmusikrates (W. HILBERT).
Die Veranstaltung war öffentlich, jedoch sehr schwach besucht. Die Jury setzte sich aus drei Berufsmusikern zusammen, einem Dirigenten aus Schwerin, einem Hornisten aus Detmold und einem Bratschisten aus Köln.

Folgende optische und akustische Erkenntnisse ließen sich über das Verhalten der vier Laienorchester in einer Wettbewerbs- bzw. Konzertsituation mittels der Videoaufzeichnung gewinnen: Alle Mitwirkenden trugen festliche Kleidung. Alle Ensembles bemühten sich um einen geordneten Auftritt auf die Bühne. Ferner war eine körpersprachlich sichtbare Nervosität vor Beginn des Vortrags und eine deutliche körperliche Anspannung und Konzentration während des Spiels zu beobachten.

Bei den beiden S-Orchestern, die ein Pflichtstück des Orchesterwettbewerbs (erster Satz aus Brittens ›Simple symphony‹) sowie ein weiteres Stück nach Wahl vortrugen, waren vorrangig Mängel in der Intonation wahrnehmbar. Beide Orchesterleiter waren keine Berufsdirigenten. Das erste Orchester wählte eine Sitzordnung, bei der die Celli in der Mitte und die Violinen II rechts außen plaziert waren. Das Ensemble wies ein recht hohes Durchschnittsalter auf, besonders die Violine I war überwiegend mit älteren Damen besetzt. Die gesamte Mitgliederzahl betrug 25 Instrumentalisten/-innen. Das Dirigat ihres Leiters offenbarte grundlegende schlagtechnische Mängel, mit denen das Orchester aber offensichtlich vertraut war. Das Zusammenspiel orientierte sich im Verlauf des Vortrags eher an der erarbeiteten Vorstellung des Gesamtklangs des Werkes als an der dirigentischen Zeichengebung. Zudem war ein viel zu langsames Tempo für das Pflichtstück gewählt worden. Das zweite Orchester saß in konventioneller Sitzordnung (Celli rechts außen) und zählte 27 Mitglieder, davon 50 % Frauen. Das Durchschnittsalter betrug ca. 35–40 Jahre. Das Dirigat des Leiters konnte vor allem rhythmische Schwächen, die offenbar in der Probenphase nicht ausgeräumt werden konnten, auch in der Aufführungssituation


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