- 23 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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2.3 Das Verstehensobjekt Musik

2.3.1 Das Verstehen von Musik und die Systematische Musikwissenschaft

Bisher habe ich vorgestellt, welche Eigenschaften von Sprache sie zu einem Verstehens-Objekt machen. Dazu wurde die Linguistik als (hauptsächlich) theoretisch ausgerichtete Wissenschaftsdisziplin herangezogen.
Analog zum vorigen Kapitel soll es im folgenden um Erscheinungsformen und Gesetzmäßigkeiten von Musik gehen. Dabei wird zu prüfen sein, ob man in bezug auf Musik überhaupt von Verstehen sprechen kann. Diese Frage hat in der fachlichen Literatur durchaus sehr kontroverse Meinun-gen hervorgebracht (vgl. z.B. Faltin/ Reinecke 1973).
Gesetzmäßigkeiten von Musik begrifflich-systematisch zu erfassen, ist Aufgabe der Musikwissenschaft. Ein Teilbereich, die sogenannte Systematische Musikwissenschaft, betrachtet ihren Gegenstand - ähnlich wie der Strukturalismus in der Linguistik - als Zustand eines bestimmten Zeit-punktes in der Geschichte. Carl Dahlhaus (1982, S. 29) definiert ihren Aufgabenbereich folgendermaßen:
"Primärer Gegenstand [...] ist die Beschreibung, Analyse und Interpretation von Funktionszusammenhängen zwischen akustischen Tatsachen, gehörpsychologischen Phänomenen, ästhetischen Prämissen oder Implikationen, theoretischen Überlieferungen und kompositorischen Intentionen."
Historische Entwicklungsprozesse gehören dagegen in den Bereich der Historischen Musikwissenschaft (bzw. der Historischen Linguistik). Neben den offensichtlichen Parallelen in der Gliederung der sprach- bzw. musikbezogenen Wissenschaftsdisziplinen besteht aber auch ein gravierender Unterschied, der gleichzeitig eine wichtige Abweichung musikalischer Gebilde von sprachlichen widerspiegelt: Während die Systematische Musikwissenschaft sowohl Musiktheorie, Musiksoziologie und Musikpsychologie als auch die Musikästhetik umfaßt, grenzt die Linguistik die Betrachtung sprachlicher Erscheinungen mit ästhetischem Wert aus und überläßt diese der Systematischen Literaturtheorie. Bierwisch (1978, S. 13) hat dieses Faktum in folgendem Schema zusammengefaßt:


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