- 73 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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[...] Die im artifiziellen Bereich in der modernen Musik praktizierte Spezialisierung einer immer ausgeklügelteren Tonsprache nach vorrangig rationalen Geschichtspunkten wird aufgegeben zugunsten einer meist nur Minuten währenden Klangwelt emotionaler Expressivität.43
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Ebd., S. 93.

Seine Diskussion der Postmoderne, die durch Pluralität gekennzeichnet ist, widmet sich jedoch der Legitimation der Popmusik: Die postmoderne Musik, der die Vielfalt verschiedener Genres unterzuordnen sei, wird nun paradoxerweise mit der populären Musik gleichgesetzt. Die Legitimation der populären Musik basiert bei Mischke auf dem nichtelitären und nichtexklusiven Aspekt der Postmoderne.

Die Debatte um die Postmoderne innerhalb der Popmusikforschung richtet sich somit gegen die etablierte Historische Musikwissenschaft und ihre moderne Auffassung der Musik als Kunstmusik. Es handelt sich dabei um einen Diskurs der Legitimation des Gegenstandsbereichs, der in der Musikforschung der Moderne unberührt blieb.

Einige Aufsätze, die im Bereich der Popmusikforschung offensichtlich die Postmoderne zum Zweck der Legitimation der populären Musik diskutieren, stützen sich auf den soziologisch-kulturellen Diskurs der Postmoderne, in dem die Postmoderne als Ersetzung von Hochkultur durch warenästhetische Trivial- bzw. Massenkultur gekennzeichnet wird. Insbesondere übt ein amerikanischer Literaturwissenschaftler, Fredric Jameson, einen großen Einfluss auf die Debatte um die Postmoderne in der Popmusikforschung aus.

Jameson benutzt den Begriff »Spätkapitalismus« für seine Definition der Postmoderne. Er definiert die Postmoderne als die kulturelle Dominante des Spätkapitalismus. Seine eigene Periodisierung der Kulturentwickelung in »Realismus«, »Moderne« und »Postmoderne« wird von Mandels dreistufigem Modell bestätigt.44

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Fredric Jameson zufolge hat die postmoderne Kultur durch den Wandel der Gesellschaft die ästhetische, politische Radikalität des Modernismus verloren. In seiner Schrift »Postmoderne – zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus«, die die neomarxistische Annäherung zur Postmoderne behandelt, widerspricht er den traditionellen marxistischen Analysen über den Modernismus, dessen dekadenter Ästhetizismus als redaktionär kritisiert wurde. Nach Jameson ist der Modernismus nicht nur die Negierung der kapitalistischen Kultur, sondern ein politischer Umsturz der falschen bürgerlichen Logik.
Die postmoderne Kultur zeichnet sich nach Jameson durch einen ästhetischen Popularismus,45
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Jameson, F., Postmoderne – Zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus, in: Huyssen, A. / Scherpe, K. R. (Hrsg.), Postmoderne. Zeichen eines kulturellen Wandels, Reinbek: Rowohlt, 1993, S. 45–102, hier: S. 46.
eine neue Oberflächlichkeit (nach dem Verlust der Tiefendimension), den Verlust von Historizität, eine völlig neue, emotionale Grundstimmung und eine fundamentale Abhängigkeit der genannten Phänomene von einer völlig neuen Technologie46
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Ebd., S. 50.
aus: Als Symptome dafür führt er beispielsweise das Schwinden des Affekts,47
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Ebd., S. 55.
Euphorie und Selbstzerstörung,48
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Ebd., S. 58.
das Schwinden der kritischen Distanz49
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Ebd., S. 60.
etc. an.

In dieser postmodernen Kultur wird Jameson zufolge »die Autonomie« oder »die relative Autonomie« der Kultur, nach der in der Moderne verlangt wurde, durch


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