Rock & Rolls nennt Grossberg die
Indifferenz der Subjektivierung und der Kommerzialisierung. Solch eine affektive
Struktur findet man auch in der TV-Kultur der Postmoderne: d. h. das Alltagsleben
wird gleichzeitig als »unvoraussehbar und total voraussehbar«, »unkontrollierbar und
total kontrollierbar« und »bedeutungsvoll und bedeutungslos« gebildet. Die economy of
fun57
vom Rock & Roll funktioniert als Grenzziehung der Differenz. Diese konstruiert
jedoch eine imaginäre Differenz: die Hierarchie der Elite. Die affektive economy
von Fernsehen funktioniert also als imaginäre Geltendmachung der Identität,
mit anderen Worten: Das Fernsehen macht alles gleichgültig. Jede Botschaft
muss auf den Fernsehbildschirm zugeschnitten sein. Grossberg sieht die
Populärität Springsteens darin, dass er die Konstruktion der beiden economies
– der Identität und der Differenz, der demokratischen Gleichgültigkeit und
der Hierarchie von der Elite – ermöglicht hat. Die Musik Springsteens drücke
dadurch eine neue ideologische und politische Position aus und gewinne somit an
Bedeutung.58
In der die Postmoderne aus der linken Position heraus aufgreifenden Debatte in der
Popmusikforschung handelt es sich vielmehr um die politische Bedeutung der Popmusik,
deren Vorherrschaft sich auf die Herrschaft der Massen bezieht. Die Postmoderne in der
Musik wird hierbei mit der populären Musik gleichgesetzt. Dabei wird die in der
Moderne legitimierte Kunstmusik (E-Musik) anhand der durch die Aufhebung der
Differenz von E- und U-Musik gekennzeichneten Postmoderne negiert. In der Debatte
um die Postmoderne in der Popmusikforschung findet man jedoch keine Perspektive der
Aufhebung der E- und U-Musik. Stattdessen wird die Legitimation der Vorherrschaft
populärer Musik gegenüber der Kunstmusik unternommen, wie die oben vorgestellte
Debatte aufzeigt. Die Postmoderne, die durch Delegitimation und Infragestellung der die
Kunstmusik legitimierenden Prinzipien der Moderne gekennzeichnet ist, wandelt sich
hierbei paradoxerweise zu einem Legitimationsdiskurs: Die Postmoderne als
Deligitimation ist in der Popmusikforschung zum Legitimationsprinzip der Moderne
mutiert.
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