- 8 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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2. Die musikwissenschaftliche Methode betreffend, wurde insbesondere seit Mitte des 20. Jahrhunderts die auch auf der naturwissenschaftlichen Methode beruhende, die allgemeinen Grundlagen der verschiedenen Musikphänomene behandelnde Systematische Musikwissenschaft für die Musikforschung gefordert und allmählich institutionalisiert.15
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Wellek, A., Begriff, Aufbau und Bedeutung einer Systematischen Musikwissenschaft, in: Die Musikforschung 1, 1948, S. 157–171; Wiora, W., Historische und Systematische Musikforschung. Thesen zur Grundlegung ihrer Zusammenarbeit, in: Die Musikforschung 1, 1948, S. 171–191; Wiora, W., Musikwissenschaft; B. Musikalische Grundlagenforschung (Systematische Musikwissenschaft), in: Blume, F. (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 1. Aufl., 1961, Sp. 1199–1203 (Wiora plädierte für eine Systematische Musikwissenschaft als Grundlagenforschung der Musik. Die allgemeinen Grundlagen der Musik sollten nach Wiora jedoch nicht in einem rein naturwissenschaftlichen am Paradigma der Physik orientierten Ansatz, sondern im Rahmen phänomenologischer Forschung untersucht werden); Karbusicky, V., Systematische Musikwissenschaft. Eine Einführung in Grundbegriffe, Methoden und Arbeitstechniken, München: Wilhelm Fink, 1979; Karbusicky, V. / Schneider, A., Zur Grundlegung der Systematischen Musikwissenschaft, in: Acta Musicologica, 52. Jg., H. 2, 1980, S. 87–101.

Somit scheint die Dominanz der Historischen Musikwissenschaft, deren Gegenstände und Methoden durch die Strömung des Historismus in der bürgerlichen europäischen Moderne bestimmt wurden, durch die bunte Vielfalt der Kulturphänomene und das veränderte wissenschaftliche Umfeld der Gegenwart bedroht zu sein. Dennoch wird in den musikwissenschaftlichen Diskursen das Thema über die Lage der Musikwissenschaft, die die Delegitimation impliziert, noch nicht richtig behandelt: Die verschiedenen hinzugefügten Disziplinen, die den Boden für den Methodenpluralismus und die verschiedene Auffassung des Musikbegriffs bringen könnten, wurden unter dem vom Geist der Moderne immer noch nicht befreiten Bewusstsein der Hegemonie der Historischen Musikwissenschaft entweder als die Historische Musikwissenschaft ergänzende (Systematische Musikwissenschaft) oder als die der Historischen Musikwissenschaft widersprechende – daher nicht als die eigentliche musikwissenschaftliche – Disziplin (Popmusikforschung) angesehen. Darin liegt beispielsweise der Legitimierungsversuch der Popmusikforschung gegen die etablierte Historische Musikwissenschaft.

Aus dem Blickpunkt der nicht heterogenen Szene von Musikwissenschaft in der Gegenwart im Gegensatz zu den aktuellen vielfältigen Musikphänomenen rückt das Legitimationsproblem der Historischen Musikwissenschaft in den Vordergrund, welches nicht nur in der Musikwissenschaft, sondern überhaupt in den im Umfeld des Historismus entstandenen und institutionalisierten Geisteswissenschaften auftritt. Die auf dem Legitimationsdiskurs beruhende Historische Musikwissenschaft ist – um mit Lyotard zu sprechen – als moderne Wissenschaft aufzufassen. In Anlehnung an Lyotards Auffassung der Postmoderne als Infragestellung der Moderne bzw. der modernen Wissenschaft könnte man die Wissenschaft in der Moderne bzw. als Produkt der Moderne und die Wissenschaftskritik als Wissenschaft in der Postmoderne gegenüberstellen. Die Postmoderne als Wissenschaftskritik gilt auch für den musikwissenschaftlichen Diskurs, da die Musikwissenschaft auf Grundlage der Legitimationsdiskurse institutionalisiert wurde. Die vorliegende Arbeit diskutiert in diesem Kontext moderne und postmoderne Musikwissenschaft.

Um auf die Frage nach der Möglichkeit einer Musikwissenschaft, die heterogene und sogar widerstreitende Phänomene der gegenwärtigen Musikkultur als ihre


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