Forschungsgegenstände umfasst, einzugehen, werde ich in der vorliegenden Arbeit selbst
postmoderne Musikwissenschaft im Sinne der Wissenschaftskritik betreiben: d. h. ich
beschäftige mich weniger mit der postmodernen Musikwissenschaft als solcher, sondern
mit ihrer Abgrenzung von der modernen Musikwissenschaft.
Durch diese Kritik diskutiere ich die Frage, wie eine Musikwissenschaft in der
gegenwärtigen, nicht notwendigerweise als Postmoderne zu bezeichnenden Epoche, die
aber sicherlich als nicht zur Moderne gehörend zu charakterisieren wäre, aussehen könnte
und welches methodische Instrumentarium sie einzusetzen bzw. zu entwickeln hätte, um
ihre »Forschungsziele« zu erreichen.
1.3. Struktur der vorliegenden Arbeit
Die Auseinandersetzung mit der Legitimationsproblematik von Musikwissenschaft
konzentriert sich auf den Metadiskurs, auf den sich die in der institutionalisierten
Musikforschung dominierende Historische Musikwissenschaft stützt. Einen zentralen
Gegenstand der vorliegenden Arbeit stellt demnach der Legitimationsdiskurs der
Moderne dar.
Um die Problematik der Kritik an der Moderne deutlich darzustellen, werde ich
mich zunächst im folgenden Kapitel mit der Debatte um die Kritik an der
Moderne auseinandersetzen. Dabei wird zunächst die modernistische Kritik
zusammengefasst, danach eine postmoderne Kritik von Lyotard vorgestellt. Im
Detail wird auf den für die vorliegende Arbeit grundlegenden Begriff Lyotards,
die Metaerzählung, eingegangen. Anhand seiner Auffassung der Moderne als
Legitimationserzählungen werden zwei Metaerzählungen genannt, auf denen die
Legitimation der Musikwissenschaft basiert: Im dritten Kapitel handelt es sich um
eine Metaerzählung der modernen Autonomieästhetik, die als ein Diskurs der
Legitimation der abendländischen Kunstmusik fungiert. Eine weitere Metaerzählung ist
die Geschichtlichkeit, die im vierten Kapitel hinsichtlich der Entstehung und
Institutionalisierung der Geschichtswissenschaften erörtert wird. Dabei wird der das
moderne Geschichtsbewusstsein bildende Historismus, in dessen Umfeld die
Historische Musikwissenschaft als eine Fachdisziplin institutionalisiert ist, eingehend
betrachtet. Anschließend an die Legitimationsdiskurse, die in Kapitel 3 und 4
behandelt wurden, stellt Kapitel 5 das Legitimationsproblem der Historischen
Musikwissenschaft durch die Betrachtung ihrer Gegenstände und Methoden
dar. Um das Legitimationsproblem angesichts des Begriffs »Postmoderne« zu
diskutieren, wird im sechsten Kapitel auf den postmodernen Diskurs hinsichtlich der
technologisierten Gesellschaft und auf die Postmoderne im Sinne der Wissenschaftskritik
Lyotards eingegangen. Kapitel 7 stellt die musikwissenschaftliche Forschung
der Postmoderne dar, in der die Postmoderne nicht als Wissenschaftskritik,
sondern als Stilbegriff diskutiert wird. Damit weise ich darauf hin, dass die
musikwissenschaftliche Debatte um die Postmoderne sich nicht als postmodern im
Sinne der Wissenschaftskritik erweist. Zum Schluss wird die Möglichkeit einer
vom Legitimationsdiskurs befreiten Musikwissenschaft in der Postmoderne
diskutiert, die mit heterogenen Methoden an die vielfältigen Musikphänomene
herangeht.
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