obwohl sie
in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts ästhetisch
bereits ein wenig in Verruf geraten und als eher oberflächliche
Spielmusik abgewertet worden war. Dennoch hat sie ebenso wie ihr
späterer Ehemann von dieser kleinen, intimen Form Gebrauch
gemacht. Schumanns Einstellung scheint allerdings ambivalent gewesen
zu sein, wie einige seiner Rezensionen zeigen. Einerseits kritisierte
er die Romanzen op. 14 von Jakob Rosenhain2
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Nach Wolfgang Boetticher, Robert Schumann in seinen Schriften und
Briefen, Berlin 1942, S. 315.
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als „unglückliche Vermehrungen der Salonmusik“,
andererseits jedoch griff er selbst wiederholt auf diese Form zurück,
z. B. im Zyklus op. 28, im Faschingsschwank und etlichen
anderen Werken späterer Schaffensphasen.3
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Walter Best, Die Romanzen Robert Schumanns, Frankfurt a. M.
usw. 1988.
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Offenbar bot sich gerade der soziale und affektive Gehalt der Romanze
dazu an, kompositorische Einfälle poetisch zu legitimieren und
energetische Qualitäten des Tonsatzes – auf die für
ihn typische Weise – mit allerlei versteckten Hinweisen als
psychische Regungen zu erklären. Bei der Besprechung der drei
Romanzen op. 14 von William Sterndale Bennett im Jahr 1838 hob er
Heftigkeit und „Leidenschaftlichkeit“ zweier Stücke
lobend hervor und gab damit Einblick in ästhetische
Deutungsmuster, wie man sie von Florestan oder Eusebius bereits
gewöhnt war.
Aus dieser Sicht erscheint es nicht
verwunderlich, wenn die Romanze sowohl von Clara Wieck als auch von
Robert Schumann nicht nur als poetisierende Instrumentalform mit
begrenztem Umfang, vergleichbar dem Intermezzo oder der Ballade,
sondern auch als komprimierter Rahmen für eine nach ästhetischem
Ausdruck verlangende Gefühlswelt genutzt wurde. Besonders in den
beiden schwierigen Jahren zwischen 1838 und 1840, bis endlich die
Eheschließung des Paares gegen den heftigen Widerstand des
Vaters Friedrich Wieck auf dem Gerichtsweg durchgesetzt werden
konnte, war die Romanze eine Möglichkeit gegenseitigen
Austausches und – vor allem für Clara Wieck – auch
künstlerischer Ausdruck ihrer Zuneigung. Robert Schumann drückte
seine zunehmende Neigung und schließlich das Eingeständnis
seiner Liebe – etwa als Aveu im Carnaval op. 9 –
weitaus vielfältiger und phantasievoller aus. Clara erscheint z.
B. als Zilia und Chiarina oder ihre Person wird durch
Zitate beschworen, wie es bei den Impromptus op. 5 der Fall ist, die
aus Variationen über ein Thema von Clara Wieck bestehen.
Angesichts der Gefährdung der Beziehung waren Widmungen
besonders wichtig, die der Öffentlichkeit unverschlüsselt
und für alle Zeiten mitteilten, wie stark sich beide miteinander
verbunden fühlten. So ist z. B. eines der bedeutendsten
Klavierwerke Schumanns, die in der Brautzeit entstandene Sonate
fis-Moll op. 11, Clara Wieck zugeeignet. Zur Hochzeit schenkte der
Komponist seiner Braut den Liederkreis op. 25, den er mit Myrthen
überschrieb. Übereinstimmung in ästhetischen
Fragen wie in der persönlichen Beziehung dokumentiert auch der
1840 entstandene Rückert-Zyklus op. 37 mit dem bezeichnenden
Titel Liebesfrühling, der drei von Clara komponierte
Lieder enthält. Das Verhältnis der beiden zueinander
bedurfte also der Stabilisierung und Bestätigung
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