- 14 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (13)Nächste Seite (15) Letzte Seite (110)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Er spielt jedoch auch eine zunehmend wichtige Rolle in den Disziplinen Stadtplanung bzw. Städtebau und Architektur. Eine verbindliche Definition gibt es auch hier bisher nicht. Eine Übereinstimmung der vielen verschiedenen Konzepte des öffentlichen Raums findet sich jedoch in den angenommenen Zentralfunktionen als Raum der Begegnung und Kommunikation.5
5
Vgl. Selle, Klaus/Berding, Ulrich/Kuklinski, Oliver/ Nierlein, Kirsten: Standortfaktor: Öffentlicher Raum. Kurzfassung. Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Berlin 2002, S. 4. Auch online unter: www.pt.rwth-aachen.de/de/forsch/projekte/oeffentlicher-raum/Kurzfassung_SoeR.pdf.
Richard Sennett schreibt: »Was an einem öffentlichen Platz wesentlich ist: daß er Personen miteinander mischt und eine Vielfalt von Aktivitäten anzieht«.6
6
Sennett (1986) 27.
Die Globalisierungskritikerin Naomi Klein sieht gerade diese Vielfalt bedroht. Demnach wird der urbane öffentliche Raum zunehmend zur Spielwiese der Werbeindustrie, während gleichzeitig die eigentliche Straßenkultur kriminalisiert wird:

»Es ist eine Ironie unseres Zeitalters, dass sich heute, da die Straße die heißeste Ware in der Werbekultur geworden ist, die Straßenkultur selbst im Belagerungszustand befindet. Von New York über Vancouver bis London geht die Polizei immer schärfer gegen Graffitimaler, Plakatkleber, Bettler, Pflastermaler, jugendliche Autofensterputzer, gegen Leute, die Pflanzen auf Wohnstraßen pflanzen, und gegen Lebensmittelverkäufer vor. Sie kriminalisiert damit alles, was sich im Leben einer Stadt wirklich auf der Straße abspielt.«7

7
Klein (2002) 321.

Weiteres Indiz für eine zunehmende Privatisierung öffentlicher Räume ist nach Klein die Ausbreitung von »Superstores«: »Die Verbindung von Einkaufen und Unterhaltung (. . . ) hat eine riesige Grauzone pseudoöffentlichen privaten Raums geschaffen.«8

8
Klein (2002) 193.
Pseudoöffentlichkeit meint hier, dass in den Einkaufszentren zwar oft das Flair innerstädtischer Plätze imitiert werden soll, entscheidende Grundrechte durch die Hausordnung jedoch außer Kraft gesetzt sind. Wie für jegliche Spielart demokratischer Öffentlichkeit selbst, ist auch für den öffentlichen Raum das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sowie das Recht auf Versammlungsfreiheit elementare Voraussetzung. In ihren Ursprüngen ist die moderne demokratische Öffentlichkeit – historisch betrachtet – zunächst ein Nebeneffekt, erwachsen aus den Bedürfnissen der Handel treibenden Privatleute, die nicht etwa an einer Änderung von Herrschaftsverhältnissen interessiert waren, sondern vorrangig am reibungslosen Ablauf eines sich ausweitenden Warenverkehrs.9
9
Vgl. Faulstich (1992) 34.
»Öffentlichkeit« ist in diesem Stadium also gerade »Privatsache«, im Sinne der Sicherung einer privatrechtlichen Verfügungsgewalt der Bürger gegenüber den Herrschenden (etwa Fürsten oder Landsherren).

Als Vorform einer »politisch fungierenden« Öffentlichkeit bildet die Sphäre der wirtschaftenden Privatleute einen Raum für »öffentliches Räsonnement«.10

10
Vgl. Habermas (1990) 86ff.
Unter Berufung auf die Vernunft konnte sich dort in einem oft als »Selbstaufklärung«11
11
Wie Habermas betont, ist jedoch eine Übersetzung von »Räsonnement« mit »Vernunft« die durch den Terminus der »Selbstaufklärung« in diesem Zusammenhang suggeriert wird, unzureichend: »In unserem Sprachgebrauch bewahrt dieses Wort unüberhörbar die polemische Nuance beider Seiten: die Berufung auf Vernunft und ihre verächtliche Herabsetzung zur nörgelnden Vernünfterei zugleich.«, Habermas (1990) 86.

Erste Seite (i) Vorherige Seite (13)Nächste Seite (15) Letzte Seite (110)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 14 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum