- 246 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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9.8.  Schlusswort

Alle beschriebenen Verlaufsmodelle sind nicht mehr (und nicht weniger) als eben dies: Beispiele musikpädagogischer Arbeit in verschiedenen Kontexten und mit unterschiedlichen Zielgruppen. Auch wenn die dargestellten Abläufe aus den Erfahrungen der praktischen Arbeit entstanden sind, handelt es sich mehr um Anregungen prinzipieller Art, die andere Unterrichtende an eigene Bedürfnisse anpassen werden müssen. Aktuelle Ziele, Vorerfahrungen, Gruppensituationen, individuelle Umstände und andere Faktoren werden dazu führen, dass die beschriebenen Unterrichtsverläufe modifiziert, umgeformt und auf andere Inhalte übertragen werden. Ziel der Darstellung ist allein zu illustrieren, wie die theoretisch erarbeiteten Prinzipien rhythmisch-metrischer Unterweisung in konkreten Unterrichtsverläufen aussehen können.

Und noch etwas: Zeit und Rhythmus stellen interne Repräsentationen dar. Jeder Musikunterricht muss respektieren, dass die Arbeit an zeitlichen Prozessen eine Arbeit an der inneren Wirklichkeit der Lernenden darstellt. Diese innere Wirklichkeit ist zugleich sehr real (für die betreffende Person) und gleichzeitig womöglich irreal (wenn eine verständnislose Lehrkraft, diese Realität nicht zu erfassen vermag). In Anlehnung an den heiligen Augustinus, dessen Aussage zur Rätselhaftigkeit von Zeit zu Beginn von Abschnitt 8.1 zitiert wurde, könnten Musikpädagoginnen und Musikpädagogen über den Rhythmus sagen: ›Wenn uns niemand fragt, was Rhythmus ist, wissen wir es; wollen wir es aber unseren Schülerinnen und Schülern erklären, wissen wir es nicht.‹ Wie aus den beschriebenen Unterrichtssequenzen jedoch hervorgeht, können im Musikunterricht Wege beschritten werden, die – ohne viele erklärende Worte – die Phänomene rund um den Rhythmus erfahrbar und erlebbar machen. Die beschriebenen Modelle stützen sich auf die Tatsache, dass das Prinzip Rhythmus im menschlichen Leben (und in allem biologischen Leben überhaupt) fest verwurzelt ist. Die Fähigkeit zum Rhythmus ist keine artifizielle Spezialfertigkeit, sondern evolutionsgeschichtlich früh in der biologischen Existenz verankert. Für das Umgehen mit Zeit und Rhythmus in der Musikausübung bedeutet dies: die Strukturen stehen bereit. Sie auch angemessen zu nutzen, kann als pädagogische Herausforderung gelten.


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