lassen sich vorab, in einer
Art »pseudorealem Probehandeln« (Gaßner 1989) erproben und können den
Bandmitgliedern als fertiges Klangmaterial präsentiert werden. Mit dem Einsatz von
MIDI-Files können Musiker ›eingespart‹ oder aufwändigere Arrangements auch live
realisiert werden. Die Fertigung von Musikaufnahmen in Eigenregie spart Kosten und
erhöht den Einfluss der Band auf das Endprodukt.
Die Auswirkungen dieser Veränderungen gehen über die Verfügbarmachung
zusätzlicher künstlerischer Optionen hinaus. Zur zentralen Gestalt – sei es gewollt oder
ungewollt – wird derjenige, der den Computer bedient. Dafür, dass diese Rolle nicht
immer direkt angestrebt wird, sprechen die angeführten Beispiele. So war es
zwar in Bastian L.’s Interesse, sich intensiv mit dem Musikmachen am PC zu
beschäftigen. Seine zentrale Stellung ergab sich aber daraus, dass jemand, der diese
Funktion übernimmt, gezielt von der Band gesucht wurde. Michael K. hingegen
musste sogar erhebliche eigene Widerstände überwinden, bevor er sich mit der
Programmierung von MIDI-Files beschäftigte. Seine Aufnahme in die Band
war jedoch an die Übernahme dieser Aufgaben gebunden. Sicherlich kann in
der meisten Zahl der Fälle – und darauf lassen auch die hier herangezogenen
Daten schließen – von einem freiwilligen Engagement der in Bands tätigen
PC-Musiker ausgegangen werden. Bemerkenswert ist jedoch, dass es häufig einen
PC-Beauftragten in Bands gibt. Keineswegs, so scheint es, ist das Beherrschen der
PC-Technologie eine Selbstverständlichkeit. Digitale Produktionstechnik ist
zwar allgemein zugänglich, wird aber nicht von allen gleichermaßen benutzt,
sei es aus Unvermögen heraus oder einfach aus Desinteresse. So stellt denn
auch Bastian L. fest: »Ich habe inzwischen bemerkt, dass ich in der Band der
Einzige bin, der sich Bedienungsanleitungen anguckt.« Der Einfluss auf die
Interaktion im Band-Zusammenhang ist nicht absehbar: Zumindest potenziell
liegt in der zentralen Rolle der PC-Nutzer eine Vorrangstellung mit erhöhten
Einflussmöglichkeiten. So lässt sich vermuten, dass vorher ausgearbeitete Arrangements
seltener abgeändert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie in MIDI-Files
gespeichert sind. Auch nimmt der PC-Bediener eine Rolle ein, die der des Produzenten
im Profi-Bereich vergleichbar ist. Er bestimmt letztendlich den Charakter der
Aufnahme.
7.1.5. Der PC als Medium der musikalischen Horizonterweiterung
»Wenn Musik im Internet kursiert, die ist dann morgens in Japan
und nachts ist sie dann irgendwo in Amerika, die wabert so richtig
durch das Netz. Musiker greifen die Melodien auf, machen was
dazu, nehmen etwas weg, geben das dann weiter. Dadurch entstehen
natürlich irrsinnige Sachen.«
Andreas
A.
Dieser Motivkomplex zeigt die Nutzung des PCs als Medium des Ideenaustauschs.
Recording-Technologie wird genutzt, um über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.
So ist diese, die Erweiterung des eigenen Ideenspektrums zum Ziel habende
Zusammenarbeit zwischen PC-Musikern nicht selten anzutreffen:
Mit demjenigen, mit dem ich angefangen habe, habe ich die erste Zeit immer
zusammen gearbeitet. Man kann jetzt nicht sagen, dass wir jetzt so eine
Art
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