7.1.6. Der PC als genuines Medium der ›elektronischen Musik‹
Dieser Abschnitt fasst Motivlinien zusammen, die auf eine gezielte Wahl des
PCs als Medium elektronischer, zumeist techno-verwandter Musikrichtungen
hindeuten.
Für die Technomusiker Oliver R. und Roland S. ist der PC medium of choice zur
Umsetzung musikalischer Ideen. Bei beiden ist die Arbeit mit dem Rechner mit ihrer
meist gemeinsam ausgeübten Tätigkeit als DJ in einer Kasseler Technodisco verbunden.
DJ-Sein heißt, dass einerseits Platten aufgelegt werden, andererseits vorbereitete eigene
Stücke live zur Darbietung kommen.
Durch einen Freund inspiriert machte Roland erste Experimente mit einem Atari,
die sich stilistisch im Bereich des Elektropop der 1980er Jahre bewegen. Kurz
darauf kommt auch das Angebot, in der Diskothek Platten aufzulegen. »Dann
kam diese Techno-Geschichte.« Roland wird zum DJ, beginnt, auch eigene
Stücke in sein Programm zu integrieren und live mit Atari und Sampler zu
arbeiten:
Das hat sich daraus ergeben, dass ich mich sowieso schon mit Musik
beschäftigt hatte. Das DJ-Sein ist eigentlich auch nichts anderes, denn ich
wusste von vorher schon, wie ein Song aufgebaut ist [...], wann was kommt.
Das war mir natürlich zum Vorteil.
Oliver R. wurde vom Fan zum PC-Musiker. Lange Zeit begeistert von Rap und Hip-Hop,
wendete er sich dann dem Techno zu, weil diese »elektronischen Sachen [. . . ] eben wieder
ganz was Neues waren.« Aus der Auseinandersetzung mit der Musik entsteht der
Wunsch, selbst musikalisch aktiv zu werden:
Die Möglichkeiten in der elektronischen Musik sind eben unbegrenzt und es
liegt halt nahe, sich da auszutoben. [...] Mit 18 Jahren habe ich angefangen,
mich damit richtig zu beschäftigen, zu sagen: »Ah, ich kaufe mir jetzt einen
Computer. Ich orientiere mich jetzt an einem Programm. Ich mache jetzt
irgendwas.«
Der Gedanke, ein konventionelles Instrument zu erlernen, ist Oliver (wie auch Roland S.)
fremd:
Man wollte schon etwas Besonderes haben. Nicht jetzt irgendwie los und
Saxophon oder so, oder irgendwas anderes.[...] Damals war es halt so:
irgendwas machen, irgendwas Sensationelles halt.
Oliver R. und Roland S. stellen in der Stichprobe insofern eine Ausnahme dar, dass ihre
musikalischen Aktivitäten sich ausschließlich im Techno-Bereich bewegen und beide über
keinerlei nennenswerte Instrumentenkenntnisse verfügen. Die Wahl des PCs als genuinem
Instrument elektronischer Musikrichtungen lässt sich aber auch bei anderen Probanden
feststellen, deren musikalische Ausdrucksbreite und instrumentales Können nicht allein
auf die Möglichkeiten des PCs beschränkt sind. So tritt auch Jan W. gelegentlich als DJ
auf, wobei seine Auftritte aber um einige »Show-Effekte« reicher sein dürften: »Da ist
eine Tanzshow meistens dabei, drei bis vier Tänzerinnen.« Andere Musiker spielen in
›konventionellen‹ Bands, machen aber nebenbei techno-inspirierte, elektronische
Musik, die sie als Spielwiese und Experimentierfeld begreifen. Hierzu Pablo
T.:
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