- 123 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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Popstücken, aber auch von Jazzstandards oder klassischen Kompositionen sind MIDI-Files erhältlich.

Unbeachtet von der Öffentlichkeit ist mit dem MIDI-File-Format eine Entwicklung vonstatten gegangen, wie sie, wenn auch in anderem Ausmaß, im Bereich von mp3 bekannt ist: Zahlreiche Internetseiten bieten Dateien zum kostenlosen Download an. Teilweise handelt es sich dabei um illegal ins Netz gestellte Kopien kommerzieller Files, teilweise aber auch um selbst produzierte Arrangements unterschiedlicher Qualität. Zwar gelten für MIDI-Files die gleichen Copyright-Bestimmungen wie für Audioaufnahmen oder Notenmaterial. Ihre Verbreitung ist demnach nicht zulässig. Die Einhaltung dieser Gesetze wird aber nicht mit gleicher Konsequenz verfolgt und es ist problemlos möglich, an die gewünschten Titel zu kommen.

Wichtigste Zielgruppen der Produzenten kommerzieller MIDI-Files sind Amateur-Keyboarder, die diese Dateien in Easy-to-play-Manier in ihre Instrumente laden, um dann karaokemäßig hierzu zu spielen, oder eben Alleinunterhalter und Oldie-Bands. Ihnen bietet das Format die Möglichkeit, live auf ein umfangreiches Repertoire anspruchsvoller Arrangements zurückzugreifen, ohne die entsprechenden Instrumentalisten stellen und einüben zu müssen. Bei Michael K.’s Band wird auf diese Weise der Schlagzeuger ersetzt und darüber hinaus der Gruppensound um zusätzliche Keyboard- und Bläsersounds bereichert.

Bezeichnend für Michael K. und Thomas Q. ist, dass sie aus den Files nicht nur die später live beizusteuernden Gesangs- und Keyboardspuren heraus löschen, sondern mehr oder weniger gravierende Eingriffe vornehmen. Beide versuchen, das vorgegebene Arrangement ihren Wünschen entsprechend zu optimieren. Die in den MIDI-Files als prinzipiell unabgeschlossenem Format inneliegende ›Aufforderung zum Weitermachen‹ wird aufgegriffen.

8.3.  Audiopraxis

Die Idee der Nutzung des PCs als Mehrspurstudio, die als Multitrack-Metapher (Théberge 1997) schon der Konzeption der ersten MIDI-kompatiblen Software-Sequenzer zugrunde gelegt wurde, wird mit der Einbeziehung des Harddiscrecordings vollends umgesetzt. Erst mit der Fähigkeit zur Aufnahme von Audiosignalen wird der Rechner zur virtuellen Mehrspurmaschine (s. Kap. 2). Nach der Behandlung MIDI-bezogener Fragestellungen steht deshalb nun die Frage im Vordergrund, wie PC-Musiker die Möglichkeiten der Audioaufzeichnung und -bearbeitung in ihre Tätigkeit integrieren.

Das Schaffen eigener Musik mit dem PC, so wurde im bisherigen Verlauf dieser Arbeit festgestellt, lässt sich im wesentlichen zwei künstlerischen Bereichen und hierzu in Beziehung stehenden Aufnahmepraktiken zuordnen. Einerseits zeigt es sich als Erweiterung des konventionellen Rock/Pop-Songwritings. Auch wenn von elektronischer Sounderzeugung und MIDI-Programmierung Gebrauch gemacht wird: Wesentlicher Bestandteil des Kompositions/Aufnahmeprozesses sind vorab am Instrument entwickelte Ideen, die am PC weiter ausgearbeitet oder einfach nur akustisch festgehalten werden. Gerade für die aus der klassischen Rockmusik-Praxis erwachsenen Gitarristen bietet Harddiscrecording die Möglichkeit, Songideen am


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