eigenen Instrument zu entwickeln und den Umweg der Keyboard-Eingabe zu
umgehen:
Anders als damals mit dem Atari [– wo ich nur MIDI zur Verfügung hatte –]
baue ich Songs jetzt mit Bass und Gitarre. [...] Ich spiele auch inzwischen
mehr mit dem Bass oder der Gitarre direkt in den Computer als dass ich
Keyboard- und MIDI-Arrangements mache. (Bastian L.).
Das Schöne ist ja, wenn du Audio machst: Du bist dabei direkt mit
deiner Musik verbunden, du spielst direkt rein [...]. Du hast deine eigene
Musik immer noch wie die Stulle in der Hand [...]. Wenn du mit MIDI
arbeitest, gibst du das ab. Dann ist das Ding irgendwo in irgendwelchen
Zahlenkolonnen und es ist schon sehr weit weg (Susanne M.).
Für die zweite Gruppe der Musiker ist der PC direkter an der Entwicklung und
Umsetzung musikalischer Ideen beteiligt, wird mitunter sogar zum eigentlichen
Musikinstrument. Mit Techno, Ambient, Hip-Hop etc. wird Stilrichtungen nachgegangen,
die in ihrem Entstehen unmittelbar mit computerspezifischen Produktionstechniken
verbunden sind.
Wie der PC als Instrument der Audioaufzeichnung und -bearbeitung in beiden
Gruppen eingesetzt wird, welche spezifischen Möglichkeiten und Grenzen sich dabei
auftun, diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden. Bezüglich der im
Rock/Pop-Bereich beheimateten Musiker wird dabei der Blick auf die für die Interviews
zusammengestellte Stichprobe vorübergehend verlassen. Vielmehr wird die Metapher
vom virtuellen Tonstudio über das Feld der Heimproduktion von Musik hinaus gehend
auf ihre Gültigkeit hin geprüft. Als Erkenntnisgrundlage dient die teilnehmende
Beobachtung zweier Aufnahmesessions, die von einer Amateurband zur Fertigung von
Demo-CDs in Eigenregie unternommen wurden (8.3.1). Auch der sich daran
anschließenden Analyse von im Elektronikbereich verhafteten Arbeitsweisen liegt die
Beobachtung einer Aufnahmesession zugrunde. Vorrangig sind es hier jedoch
Interviewäußerungen und im Rahmen der Interviews präsentierte Musikaufnahmen, die
herangezogen wurden (8.3.2).
8.3.1. ». . . statt ins Studio zu gehen.«
Grund für den Versuch, die Demo-Aufnahmen selbst zu fertigen, war der Wunsch,
Kosten für die Nutzung eines Studios zu sparen. Hinzu kam aber auch das Interesse
zweier Bandmitglieder, die Möglichkeiten ihres Harddiscrecording-Equipments in der
Praxis auszuloten und mit verschiedenen Aufnahme- und Produktionsverfahren zu
experimentieren.
Die vorhandene Ausrüstung wurde in punkto Rechenleistung und Aufnahmekapazität
für ausreichend erachtet, Aufnahmespuren in entsprechender Anzahl zu bewältigen. –
Zum Einsatz kamen ein PC mit Logic Platinum und ein Apple G4 mit Logic Gold. –
Geeignete Mikrophone waren in ausreichender Menge und Qualität vorhanden oder
konnten ausgeliehen werden. Effekte sollten vom Rechner beigesteuert werden.
Als Aufnahmeort diente der bandeigene Übungsraum, der zusätzlich über eine
separate Räumlichkeit zur Platzierung des Aufnahme-Equipments
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