Schwierigkeiten tauchten immer wieder auf musikalischer Ebene auf. Zeitweilig wurden
alle drei Instrumente gleichzeitig aufgenommen, um möglichst nahe am Feeling des
Live-Spiels zu bleiben. Es gelang jedoch meist nicht, Einspielungen in geeigneter
Qualität zu erreichen. Insbesondere die Unisonoläufe von Saxophon und Keyboard waren
selten genau. Längere Zeit wurde dann mehr diskutiert als gespielt. Der Saxophonist,
einer der beiden Initiatoren des Projekts, entschied sich, die von ihm unsauber
eingespielten Passagen durch einzelne Punch-Ins zu korrigieren und einmal Gelungenes
gleich an mehrere Stellen zu kopieren. Vom spieltechnisch versierteren Keyboarder wurde
dieses Verfahren mit Missfallen quittiert, zumal die Arbeit am PC nun den bedeutenden
Teil der Zeit in Anspruch nahm. Die Aufnahmen wurden für diesen Tag beendet, als
bei den Stücken mit eingespielter Drumspur immer wieder Fehlermeldungen
des Rechners über Speicherdefizite auftauchten, für die keine Erklärung zu
finden war, und die sich kurzfristig nicht beheben ließen. Das Einspielen weiterer
Keyboardparts war deshalb nicht mehr möglich gewesen. Auch in dieser mehr als
fünfstündigen Session konnten die angepeilten Ergebnisse nicht erreicht werden.
Das Projekt der CD-Aufnahme in Eigenregie wurde schließlich bis auf weiteres
verschoben.
Diskussion Gerade dann, wenn der PC wirklich die originären Aufgaben eines Aufnahmestudios – wie in diesem Fall die Aufnahme einer kompletten Band – übernehmen soll, erweist sich die Metapher vom virtuellen Tonstudio als trügerisch. Die Leistung der besten Software lässt sich nicht adäquat nutzen, wenn es an entsprechender Hardware mangelt. Den z. B. bei Logic Gold angebotenen 24 Audiospuren entgegengesetzt ist die Anzahl der tatsächlich in einem Aufnahmevorgang einspielbaren Spuren. Anders ausgedrückt: Die Musik muss erst einmal in den Rechner hinein kommen. Hierzu sind externe Analog/Digitalwandler nötig. Das von der hier gezeigten Band genutzte Audio-Interface (Emagic emi 6/2) kostete immerhin mehr als 300 Euro und stellte sechs parallele Eingänge bereit. Wäre es beispielsweise geplant gewesen, die ganze Band in einem Vorgang aufzunehmen, wären ca. zwanzig Eingänge vonnöten gewesen. Da hierzu nicht einfach mehrere kleinere Wandler zusammengelegt werden können, sondern spezielles Equipment erforderlich ist, erreicht die hierfür erforderliche Ausstattung dann auch in den Anschaffungskosten eine professionelle Größenordnung. Hardwareprobleme bei der Arbeit mit einer größeren Spurenzahl können auch bei der Rechnerleistung auftreten. Auch wenn es in der hier herangezogenen Fallstudie nicht genau geklärt werden konnte: Bei der gleichzeitigen Verarbeitung von sechs Schlagzeugspuren, zwei Bläsern, einer Gitarre und zwei jeweils stereo eingespielten Keyboards schien der verwendete PC durchaus an seine Grenzen gelangt zu sein. Prinzipiell gibt es in einem solchen Fall die Möglichkeit, bereits aufgenommene Spuren zu einem Submix (Zwischen-Bounce) zusammenzulegen, ein Verfahren, das bei der Arbeit mit analogem 4- oder 8-Spur-Equipment häufig Verwendung fand. Nachteilig hierbei ist jedoch, dass auf die einmal abgemischten Spuren später nicht mehr separat zurückgegriffen werden kann, wenngleich der bei der analogen Aufnahme vorkommende Qualitätsverlust beim digitalen Zwischenmix entfällt.
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