- 15 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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can change the whole thing when you mix. (in: Herman 1974, 976; zit. n. Spieß 2000, 168f).

Irmin Schmidt, der Keyboarder der deutschen Rockband Can, interpretiert den Abmischvorgang als eigenständige Form des Musizierens, wobei Aufnahmen als Material betrachtet werden, »mit dem du nochmal Musik machst« (Lippegaus 1976, 33). Das Tonband, respektive die mit der Abmischung verbundene Technik, wird somit selbst zum Musikinstrument: »Du spielst dann eigentlich Band« (ebd.; Hervorhebung im Orig.). Das Abmischen, also das Band spielen ist demnach bei Schmidt - wie auch bei Jones - nicht einfach nur eine klangliche Optimierung der aufgezeichneten Musik. Vielmehr greift der Mix direkt in die konzeptionelle Ebene der Musik ein, vergleichbar einem zweiten, nachgelagerten Kompositionsvorgang. Anders als bei Les Paul, für dessen Arbeitsweise in den 30er und 40er Jahren ein minutiöses Vorausdenken und Strukturieren des Arrangements und der einzelnen Aufnahmeschritte charakteristisch war, steht die Gestalt des jeweiligen Stücks bei Can und anderen Gruppen häufig bei Beginn der Aufnahme noch nicht fest. Komposition geschieht während des Aufnahmeprozesses in einer Interaktion mit dem Mehrspurgerät. Das Tonstudio wird unmittelbar zum Kompositionswerkzeug.

Once you become familiar with studio facilities [...] you can begin to compose in relation to those facilities. You can begin to think in terms of putting something on, putting something else on, trying this on top of it, and so on, then taking some of the original things off, or taking a mixture of things off, and seeing what you’re left with - actually constructing a piece in the studio (Eno 1983, 57).

Musikalisches Material entsteht häufig auf improvisatorischer Basis. So äußert sich der Komponist und Produzent Michael Cretu zur Arbeit in seinem Studio:

In der letzten Zeit neige ich immer mehr dazu, einfach auf meinen ganzen Geräten herumzuklimpern und irgendwas macht einen dabei an - ein toller Sound, eine gute Phrase [...] Es kristallisieren sich irgendwelche guten Sachen dabei heraus, mit denen man arbeiten kann. Das müssen nicht unbedingt ganze Kompositionen sein, es reicht auch oft ein Fragment, das man später wieder aufnimmt, weil einem dazu was Tolles eingefallen ist (in: Brück 1985, 42).

Bei Can war es üblich, improvisierte Sessions auf Mehrspurband mitzuschneiden, um aus dem aufgenommenen Material neue Stücke zu entwickeln. Hierzu noch einmal Irmin Schmidt:

Wir lassen das Band laufen und spielen was. Wir lassen dann entweder eine Sache so, wie sie ist, oder wir schneiden sie, machen Collagen. Man kann aus einer etwa zwei Stunden langen Sache zehn Minuten herausschneiden, die nicht unbedingt hintereinander liegen müssen (in: Lippegaus 1976, 33).

Mitunter werden Aufnahmen auch mehrfach verwendet:

›Cutaway‹ ist ein Stück, wo wir sozusagen aus gleichen Fertigbausteinen neue Häuser gebaut haben. Ich würde mich nie schämen, ein Grundband dreimal zu verwenden, wenn mir drei verschiedene gute Sachen dazu einfallen (ebd.).


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