Dass die Arbeit mit dem PC fest in der künstlerischen Praxis dieser Musiker verankert
ist und oft auch in deren Mittelpunkt steht, heißt nicht, dass das Spiel konventioneller
Musikinstrumente notwendigerweise an Bedeutung verliert. Zwar gibt es Musiker, die
allein durch den Rechner dazu in der Lage sind, Musik zu machen (und die
auch gar kein Interesse am Erlernen eines Instruments zeigen). In den meisten
Fällen wird das Instrumentenspiel aber auch weiterhin betrieben, sei es als
»Ausgleich« (Pablo T.) zur Arbeit mit dem Computer, als Bestandteil der
Recording-Praxis oder bei der Umsetzung der am PC entwickelten Songideen im
Bandzusammenhang. Dass die Arbeit mit dem PC Rückwirkungen auf das
Komponieren am Instrument haben kann, zeigt sich bei Stephan H. Schon früh
begann er im Klavierunterricht eigene Stücke zu erfinden. Er beschreibt diese
Musik als »so barmusikmäßig«. In dieser Zeit fand er es »supertoll, so hin und
her zu flitzten, desto schneller, desto besser«. Hierfür erntet er auch Kritik:
»Da hieß es dann: ›Okay, du bist talentiert, kein Ding. Nur dein Problem ist,
dass du ein bisschen viel rumdudelst, so mit der rechten Hand.‹« Die Arbeit
mit dem PC bringt dann einen veränderten Zugang zum Komponieren: »In
gewisser Weise ist das Stückeschreiben mit dem Computer komplexer.« Es
ist geprägt davon, »erst einmal eine Basis zu schaffen, eine Struktur in das
Stück reinzubringen [. . . ] und es nicht nur einfach so runterzuspielen.« Stephan
beschreibt, wie sich dies dann auf das Stückeschreiben am Instrument ausgewirkt
hat:
Als ich mich dann wieder ans Klavier gesetzt habe, habe ich auch ein ganz
anderes Empfinden gehabt, was zu spielen. Ich hab’ dann auch mehr, viel
mehr auf die Melodie geachtet. [...] Ich hab’ dann, sehr, sehr minimalistisch
von der rechten Hand, von der Melodie her gespielt. Und hab’ dann versucht,
dem Stück mehr Ausdruck durch die einzelnen Töne zu verleihen, und nicht
dadurch, wie viel das jetzt ist, wie toll die Technik ist (Stephan H.).
9.2. Die Arbeit mit dem PC als untergeordneter Faktor
Zwar arbeiten auch diese Musiker dauerhaft mit dem PC. Diese Betätigung bleibt jedoch
Randerscheinung. So nutzt David O. den Rechner für gelegentliche Notenausdrucke mit
Band-Arrangements. Das ursprüngliche Ziel, auf MIDI-Ebene Alternativen zu
Aebersold-Play-Alongs zu schaffen, wird nur selten angegangen. Die Arbeit mit Cubase
erscheint trotz ›Downgradings‹ zu einer einfacheren als der ursprünglich gekauften
Version als zu kompliziert. Auch Susanne M. hat Probleme mit ihrem Programm. Sie
bewertet Cubase als »zu sperrig«:
Ich kenne auch nur die Oberfläche, damit es gerade so geht. Das Programm
bietet ja unglaubliche Möglichkeiten, da ist mir schnell die Kondition
ausgegangen.
Als Alternative kauft sie schließlich eine analoge Mehrspurmaschine . . .
und bis heute war das für mich der absolute Durchbruch an Kreativität. Das
ist halt eine sehr einfache Art, deine vier Spuren hintereinander aufzunehmen
und was draus zu machen. Aber das ist sehr reizvoll.
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