- 158 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (157)Nächste Seite (159) Letzte Seite (204)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

kam es nie. Im Gegenteil: Aus Geldmangel wurde der Rechner später einfach verkauft. Felix plant zwar im DJ-Bereich aktiv zu werden; seine weiteren musikalischen Perspektiven bleiben jedoch vage.

Robert D.’s Abwendung vom digitalen Recording hingegen verwundert, ist er doch PC- und Technikfreak der ersten Stunde. Schon Ende der 1980er Jahre experimentierte er mit Sequenzer-Programmen und investierte mittlerweile über 15 000 Euro in sein Aufnahme-Equipment:

Ich habe von Anfang an mit dieser Technik gearbeitet und habe da große Erwartungen reingesetzt. Und jetzt, wo es funktioniert, denke ich: »Nein, eigentlich ist es das nicht!« [...] Ich komme im Moment immer mehr auf den Punkt, wo ich keine Lust auf Technik habe.

Zwei Gründe sind hierfür ausschlaggebend. Einerseits sieht er die Technik zum »Eigentlichen« geworden, indem sie – vergleichbar der von Schläbitz (1997) thematisierten »Komponisteninstanz« – direkt in Schaffensprozesse eingreift: »Die Technik macht sich die Musik zunutze, und nicht umgekehrt die Musik sich die Technik.« Robert sieht sich selbst auch immer mehr diesem Einfluss ausgesetzt:

Die modernen Programme [...] schreiben zwar nicht vor, wie man damit umgehen soll, aber sie zeigen dies als den einfachsten Weg. Und man versucht, mit dem geringsten Energieaufwand weiterzukommen. [...] Leider ist immer wieder die große Versuchung da, etwas möglichst schnell hinzubekommen, wodurch die Musik durch die Technik flacher wird. [...] Auch ich bin mittlerweile aus Zeitgründen davon abgegangen, die Noten einzeln zu bearbeiten. Jetzt arbeite ich viel mit Kopieren und Schneiden, das verführt dazu. [...] Es ist eigentlich eine Verdrehung von Kreativität in der Musik in Richtung kreativer Klangerzeugung. [...] Technik bringt schnelle, kleine Erfolgserlebnisse, aber keine tiefen Eindrücke.

Andererseits sieht Robert, der den PC ja gerade nutzte, um unabhängig von anderen Musikern arbeiten zu können, die Grenzen dieser solistischen Arbeitsweise erreicht. Die angestrebte »first person independence« (Godlovitch 1998) erwies sich auf Dauer als zu einseitig:

Beim Computer sind absolut diese Grenzen der menschlichen Interaktivität gesetzt. [...] Ich denke, mein Musikmachen hat sich verändert. Es ist flacher geworden. Die Auseinandersetzung mit anderen fehlt. Dieser kreative Ansporn, diese Herausforderung. Es ist sehr schnell eine Tendenz, sich selbst zu genügen. [...] Im Nachhinein denke ich, dass die Auseinandersetzung mit einem Anderen durchaus fruchtbar sein kann. Und dass es [beim allein Arbeiten] grundsätzlich immer auch ein bisschen steril wird. Das ist so was wie Selbstbestäubung auf dem Feld, wie wenn ich mich selbst befruchte. Das macht halt keinen Spaß. Man hört das vielen Stücken, die so gemacht sind, an. Es gibt wirklich wenige, bei denen es sich wirklich nicht steril anhört. Das habe ich irgendwann auch bei mir festgestellt. Und das ist wirklich ein Problem.

Robert spielt jetzt »mehr Gitarre, eher just for fun, mit meiner Frau zusammen«. Er trägt sich mit dem Gedanken an ein neues Bandprojekt. Auch beginnt er sich an einem neuen Instrument zu orientieren:


Erste Seite (i) Vorherige Seite (157)Nächste Seite (159) Letzte Seite (204)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 158 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker