2.4. Resümee
In einem Beitrag über »Digitale Medien und Musik« wirft Helmut Rösing (1997b) die
Frage auf, ob die zunehmende Digitalisierung musikrelevanter Bereiche einen dem
Übergang von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit oder der Elektrifizierung
der Musikproduktion vergleichbaren, revolutionären Einschnitt darstellt. Doch
allenfalls in einer (zukünftig) möglichen Schaffung virtueller Situationen und
musikalischer Interaktionen mithilfe künstlicher Intelligenz erkennt Rösing »das wirklich
umwälzend Neue der digitalen Medien« und den potenziellen »Nucleus für eine dritte
Revolution mit noch nicht absehbaren Folgen« (ebd., 116). In der Digitalisierung
musikrelevanter Bereiche sieht er hingegen die Weiterentwicklung schon bestehender
Technologien:
Was heutzutage so gerne als ›digitale Revolution‹ bezeichnet wird, dürfte –
im historischen Kontext betrachtet – wohl eher eine neue und technologisch
wichtige Entwicklung im Rahmen der durch Elektroakustik und Elektronik
ausgelösten zweiten Revolution im Musikbereich darstellen als eine dritte
Revolution (ebd., 108).
So lassen sich auch die in diesem Kapitel vorgestellten digitalen Verfahren zur
Klangsteuerung, Klangaufzeichnung und Klangsynthese als Fortführung schon
bestehender Entwicklungen begreifen. Ihr Entstehen aus analogen Technologien heraus
wurde beschrieben. Dennoch zeigt sich, dass der Übergang von analog zu digital
zumindest im Kleinen durchaus ›Revolutionäres‹ nach sich zieht:
- Die MIDI-Technologie bringt den Einstieg in die unbegrenzte Editierbarkeit
des musikalischen Materials. Melodische, rhythmische und klangliche
Details können auf verschiedenem Wege programmiert und in Echtzeit
überprüft werden. Übersetzungsverluste, wie sie bei der traditionellen
Notation von Musik und deren anschließender interpretatorischer Umsetzung
auftreten, werden ausgeschaltet. Der Stellenwert spielerischen Könnens wird
relativiert zugunsten der Geschicklichkeit im Umgang mit den Eingabe-
und Bearbeitungsfunktionen von Synthesizern, Samplern und Sequenzern.
Interpreten im herkömmlichen Sinn werden vielfach überflüssig – zu sehen
am Beispiel der seit den 1980er Jahren bei vielen Rock/Pop-Produktionen
durch Drumcomputer ersetzten Schlagzeuger.
- Mit der Umwandlung von Schall in digitalen Code wird die Editierbarkeit
des musikalischen Materials auch auf der klanglichen Ebene perfektioniert.
Nicht Steuerbefehle wie bei der MIDI-Technologie, sondern die digital
aufgezeichneten Audiosignale werden manipuliert. Zeichnete sich schon die
Nutzung analoger Mehrspurverfahren durch eine Abkehr vom Prinzip der
Dokumentation ›realer‹ Klangereignisse zugunsten des Schaffens ›virtueller‹,
nur
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