reizvolle Ergänzung empfunden: »Jungen beziehen in ihre Musikpraxis
eher Technik mit ein« (Hoffmann 2002, 16). Dabei kann die Begeisterung für die
technologischen Aspekte des Musikmachens auch in den Vordergrund treten.
Wie Hoffmann (ebd.) feststellt, sind Mädchen hingegen aufgrund mangelnden
Selbstvertrauens im Umgang mit Technik »durchschnittlich weniger motiviert, wenn es
um elektronisch verstärkte Instrumente, um Aufnahmetechnik und computergestützte
Musikproduktion geht, und wenden sich stattdessen lieber akustischen Instrumenten
zu.«5
Mit der Adaption des Mehrspurverfahrens als Basiskonzept von MIDI- und Harddiscrecording-Software werden die der analogen Tradition entstammenden, vorwiegend von Männern geprägten bzw. auf diese zugeschnittenen Herangehensweisen übernommen. Das geschlechtsspezifische Ungleichgewicht bezüglich der Arbeit mit Musiktechnologie wird – gewollt oder ungewollt – festgeschrieben: »By reproducing the multitrack tape recorder in software form, programmers may thus have reproduced the social inequalities associated with access to this older technologie as well« (Théberge 1997, 229). Geht man von der Mehrspurtechnologie, sei sie analog oder digital, als zentralem Produktionsmedium populärer Musik aus, heißt dies, dass Mädchen/Frauen weiterhin bei entscheidenden Gestaltungsprozessen außen vor bleiben (vgl. Molenda 1994). Es kann als bezeichnend angesehen werden, dass sich die einzige Teilnehmerin an der vorliegenden Studie schon vor ihrer Beschäftigung mit Mehrspurtechnik und Sequenzing Erfahrung und Anerkennung als Gitarristin und Songschreiberin erworben hatte und mit entsprechenden Praktiken vertraut war. Der Schritt hin zum digitalen System war somit vorbereitet, auch wenn er nicht problemlos verlief. Das im Rahmen dieser Studie gewonnene Datenmaterial reicht nicht aus, um die angeführten Erklärungsversuche empirisch verlässlich zu bestätigen; dies würde eines speziell ausgerichteten Forschungsdesigns bedürfen. Neben einer größeren Anzahl von PC-Musikerinnen wären auch Gespräche mit Mädchen und Frauen erforderlich, die eben nicht mit Musiksoftware arbeiten wollen oder können. Zwar mag der signifikant niedrige Anteil an PC-Musikerinnen den Eindruck erwecken, beim computergestützten Recording handele es sich per se um »männlich geprägte Soundtüftelei« (Neubauer 2003). Dass der geringe Anteil mit dem PC arbeitender Musikerinnen auf ein generelles Desinteresse schließen lässt, scheint jedoch eher unwahrscheinlich. Wie sich schon bei der gezielten Förderung von Mädchen/Frauen im Rockbereich gezeigt hat (vgl. Förner 2000), werden – soweit vorhanden – auch entsprechende Angebote im Bereich computergestützer Musikproduktion angenommen (Perincioli/Rentmeister 1988).
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