- 121 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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Vierte Szene: Wesener spaziert an einem Fluß. Mariane, die er nicht erkennt, bittet ihn um ein Almosen. Er schickt sie fort, läuft ihr aber nach und reicht ihr, da sie ihn an Mariane erinnert, zitternd ein Geldstück. Vater und Tochter erkennen sich und fallen sich um den Hals. Leute versammeln sich um sie und tragen sie fort.

     Fünfte Szene: Die Gräfin La Roche und der Obrist sind von der Szene betroffen. Der Obrist will der Familie Wesener helfen. Mariane sei indessen nicht zu helfen. Sie könne allein Beguine werden.

(Vgl. Lenz, "Die Soldaten" 191-247)



2.6 Verbindungen zur griechischen Antike


Bernd Alois Zimmermann interessiert an dem von Lenz in den Jahren 1774 bis 1775 verfaßten Drama, wie in dem Werk


in einer exemplarischen, alle beteiligten umfassenden Situation, nicht etwa so sehr durch das Schicksal, die blinde moira, bedingt als vielmehr durch die schicksalhafte Konstellation der Klassen, Verhältnisse und Charaktere, so wie sie sind, Menschen, wie wir ihnen zu allen Zeiten begegnen können, einem Geschehen unterworfen werden, dem sie nicht entfliehen können: unschuldig mehr als schuldig.

(B. A. Zimmermann, "Drei Szenen" 93)


Nicht das Klassendrama, der soziale Aspekt, oder die zeitlose Kritik am Soldatenstand bilden für ihn Bezugspunkte. Die Eigenständigkeit der Oper als einer anachronistischen, oft totgesagten doch immer lebendigen Form ist für ihn bedeutsam. Dies hat ihn als jungen Musiker "verwundert, dann amüsiert und zuletzt fasziniert" (B. A. Zimmermann, "Zu den Soldaten" 95). In Lenz' "Anmerkungen übers Theater" sieht Zimmermann eine dramaturgische Konzeption, die bis in die Gegenwart hinein wirksam ist und erst in ihr volle Geltung zu erlangen scheint. Zimmermann interessiert die "Einheit der inneren Handlung": "Ableitung der Vielfalt der Erscheinungen aus einer Einheit, die sich sukzessiv und simultan zu öffnen, zu entfalten, auszudrücken vermag" (B. A. Zimmermann, "Drei Szenen" 94). In der zeitlichen Schichtung mehrerer Handlungen sieht er eine Antizipation des "Stundentanzes der Simultaneität", wie sie James Joyce im Ulysses verwirklicht.


Der Schritt von der Dramaturgie des Sturm und Drang zur Jetztzeit ist erstaunlich klein: Aufhebung der drei Einheiten (des Ortes, der Handlung und der Zeit, der Verf.) führt stracks zur Aufhebung von Raum und Zeit, befindet


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