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2.  Studien zur Existenz motorischer Prozesse im Stimmapparat bei musikalischen Klangvorstellungen

2.1.  Laryngoskopische und myographische Studien

Erste Ansätze physiologischer Studien zu motorischen Prozessen im Stimmapparat finden sich bereits im 19. Jahrhundert. 1886 wurde in der Wiener Medizinischen Presse über Beobachtungen eines gewissen Störk berichtet, dass Personen, welche ein Notenblatt still lesen oder an eine Melodie denken, an ihren Stimmlippen – entsprechend dem Rhythmus der Melodie – deutliche Bewegungen erkennen ließen (vgl. Frank 1989, S. 9). Weitere Details dieser Studie konnten nicht ermittelt werden. Es muss sich hierbei jedoch um eine laryngoskopische Untersuchung (Kehlkopfspiegelung) gehandelt haben.

Cheves West Perky (1910) untersuchte Kehlkopfbewegungen bei nicht näher beschriebenen akustischen Vorstellungsinhalten. Die Bewegungen seiner drei Probanden wurden mit Hilfe einer am Kehlkopf befestigten mechanischen Vorrichtung (Verdin Laryngograph) über einen Schreibhebel auf eine elektrisch angetriebene drehbare Trommel, deren Fläche mit berußtem Papier bespannt war (Kymographion) übertragen und aufgezeichnet. Perky unterschied bei den Vorstellungsinhalten auf der Grundlage von Introspektion etwas willkürlich zwischen Gedächtnis- und Vorstellungsbildern und stellte bei 84 % der ersteren (gegenüber 9 % bei letzteren) Kehlkopfbewegungen fest. Dieses Ergebnis wurde an drei weiteren Probanden repliziert.

In einer Studie von Edmund Jacobson (1931; 1932) sollten sich sieben Probanden neben rein sprachlichen Vorstellungsaufgaben die amerikanische Nationalhymne vorstellen. Dabei wurden mit Hilfe von in Zunge und Lippen eingestochenen Nadelektroden die elektrische Aktivität der beteiligten Muskeln abgeleitet.1

1 Dieses Verfahren wird auch als Elektromyographie bezeichnet und mit EMG abgekürzt.

Die Teilnehmer hatten zuvor ein spezifisches Entspannungstraining erhalten (Progressive Relaxation; siehe Jacobson 1961; Bernstein & Borkovec 2004). Bei der musikalischen Vorstellungsaufgabe wurden bei fünf Versuchspersonen im Vergleich zur Entspannungsbedingung erhöhte EMG-Werte in der Muskulatur des Stimmapparates verzeichnet. Die angegebenen Werte bewegten sich in einer Größenordnung zwischen 3 und 10 µV, wobei offensichtlich starke inter- und intraindividuelle Unterschiede mit kurzfristigen Spitzenwerten bis zu 55 µV auftraten. Wie bei Cheves West Perky (1910) fand auch hier keine zufallskritische Prüfung des Unterschiedes der EMG-Werte bei Vorstellung und Entspannung statt.

Frank Joseph McGuigan und Susan Crandall Bailey (1969) wiesen eine gegenüber einer Entspannungsbedingung erhöhte elektromyographische Aktivität an Kinn und Zunge bei sprachbezogenen Vorstellungen (Hauptversuch) sowie beim


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