- 44 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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Ergebnisse stehen aber in Übereinstimmung mit der gängigen Praxis im Musikunterricht und in der Gehörbildung Melodien, Intervalle und Akkorde singend zu erlernen.

O. V. Ovchinnikova (1958) ließ ihre Versuchspersonen Töne einer bestimmten Frequenz nachsingen, während sie die Tonhöhen akustisch präsentierter Stimuli beurteilen sollten. Die Versuchspersonen, die normalerweise zum Tonvergleich Gebrauch von ihrer Stimme machten, hatten große Schwierigkeiten, die Aufgaben zu lösen. Versuchspersonen mit entweder sehr guter oder sehr schlechter Fähigkeit zur Tonhöhenunterscheidung wurden durch die Interferenz nicht beeinflusst. Ovchinnikova vermutete, dass Versuchspersonen mit sehr schlechter Tonhöhenunterscheidung aus Gewohnheit nicht ihre Stimme zu Hilfe nehmen, um Töne zu singend zu unterscheiden, woraus resultiere, dass die Beurteilung der Tonhöhen in jedem Fall schlecht war; wohingegen bei Versuchspersonen mit guter Tonhöhenunterscheidung die zu Hilfenahme der Stimme aufgrund früherer Gesangserfahrung in solch hohem Maße automatisiert sei, dass kinästhetische Signale auch in kontrahierter/verkürzter Form operieren könnten, so dass die artikulatorische Interferenz keinen bemerkbaren inhibitorischen Effekt auf die Tonhöhenanalyse hätte.

Robert H. Logie und J. Edworthy (1986) spielten ihren Versuchspersonen in einem zeitlichen Abstand von mehreren Sekunden zwei Töne vor. Eine Aufgabe bestand darin zu entscheiden, ob die beiden Tonhöhen identisch waren oder nicht, während sie eine von drei Zusatzaufgaben ausführen sollten. In einer Bedingung sollten sie entscheiden ob visuell präsentierte Wort-Pseudowort-Paare gleich klingen (z. B. »cloak« – »kloke«). In einer zweiten Bedingung sollten die Untersuchungsteilnehmer das Wort »the« ohne Unterbrechung kaum hörbar wiederholen (Repetition irrelevanter Wörter). Die dritte Zusatzaufgabe bestand im visuellen Abgleich von Abfolgen nichtalphabetischer Symbole. Die Ergebnisse zeigten, dass nur die Urteile zu den Homophonen eine Auswirkung auf die Tonhöhenunterscheidung hatten. Nach Ansicht der Autoren weist dies darauf hin, dass nur die Vorstellung auditiver Inhalte und nicht subvokales Rehearsal an der Tonhöhenunterscheidung beteiligt ist. Dabei scheint aber übersehen worden zu sein, dass Homophonieurteile ebenfalls ein subvokales Rehearsal erfordern könnten, welches im Gegensatz zur schnell automatisierten Repetition des Wortes »the« eventuell eine effizientere Form der artikulatorischen Interferenz darstellt.1

1 Gegen dieses Argument spricht allerdings, dass in mehreren sprachwissenschaftlichen Studien zu Homophonieurteilen artikulatorische Interferenzen keinen Effekt zeigten (Baddeley & Lewis 1981; Besner et al. 1981, Experiment 6; Mitterer 1982; Davelaar et al. 1987).

Möglicherweise war aber auch die Tonhöhenunterscheidungsaufgabe zu einfach. Dafür spricht, dass Logie und Edworthy in einem weiteren Experiment der oben genannten Studie feststellten, dass die Wiedererkennung von Melodien sowohl durch artikulatorische Interferenz als auch durch Homophonieurteile beeinträchtigt wird. Die Autoren sehen den Unterschied zwischen einer Tonhöhenunterscheidung und einer Melodieaufgabe darin, dass erstere ihrer Meinung nach nur die Vorstellung von Klang erfordert, letztere jedoch auch einen artikulatorischen Mechanismus (Subvokalisation) (Logie und Edworthy 1986).

Timothy A. Keller, Nelson Cowan und J. Scott Saults (1995) verwendeten ebenfalls eine Tonhöhenvergleichsaufgabe. Zusätzlich bekamen die Untersuchungsteilnehmer


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