- 47 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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16 Items bestehenden Notenmustern. Bei den musikalischen Laien beeinträchtigte die Pseudowort-Bedingung die Erinnerung der Noten, wohingegen bei den Musikern die akustisch präsentierte Melodie mit der Gedächtnisleistung interferierte. Obwohl die Ergebnisse statistisch knapp nicht signifikant ausfielen, sieht Kalakoski darin eine Unterstützung der Hypothese, dass Musiker visuell dargebotene Noten mittels einer musikbezogenen auditiven Rehearsalschleife und nicht durch subvokales Singen im Gedächtnis behalten. Auch hier sei wieder darauf verwiesen, dass bereits die akustische Wahrnehmung von Musik motorische Programme in der Kehlkopfmuskulatur aktiviert und dadurch vielleicht ein stimmliches Rehearsal der Hauptaufgabe beeinträchtigt haben könnte. Zudem drängt sich wiederum der Verdacht auf, dass die Untersuchungsteilnehmer bereits mit der abstrakten Hauptaufgabe überfordert waren.

Susan J. Hespos replizierte 1989 ein Experiment von Robert G. Crowder (1989; s. a. Crowder & Pitt 1992) zur Klangfarbenvorstellung. Es wurden zusätzlich zwei Arten artikulatorischer Interferenz verwendet: In einem Experiment sollten die Probanden ohne Unterlass »tah« repetieren; in einem anderen tranken sie Wasser durch einen dünnen Strohhalm. Während sich ersteres nicht negativ auf die Vorstellung von Klangfarben auswirkte, verschwand in der Strohhalm-Bedingung die von Crowder (ohne Interferenzbedingung) gefundene Tonhöhe × Klangfarbe Interaktion. Geht man davon aus, dass die verwendeten Interferenzmethoden gleichermaßen effizient sind, so widersprechen sich die beiden Ergebnisse hinsichtlich der Notwendigkeit einer inneren Stimme für die Klangfarbenvorstellung.

Eine Studie von Robert J. Zatorre und Christine Becket (1989) zeigte, dass bei Absoluthörern die Erinnerung von Notennamen weder durch eine verbale Interferenzaufgabe (rückwärts Zählen), noch durch Hören zufällig ausgewählter Klaviertöne oder z. B. durch Singen einer absteigenden Tonleiter, beeinträchtigt wurde. Bei einer vergleichbaren Aufgabe, in der die Versuchspersonen sich aus Konsonantenbestehende Trigramme merken sollten, während sie rückwärts zählten, trat jedoch ein signifikanter Vergessenseffekt auf (siehe auch z. B. Peterson & Peterson 1959). Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass das Gedächtnis für Notennamen bei Absoluthörern nicht allein auf verbaler Enkodierung beruht. Ihrer Ansicht nach werden wahrscheinlich multiple Kodierungen (auditive, kinästhetische und visuelle Vorstellungen) dabei verwendet. Die Notennamen stellen für einen Absoluthörer die Bezeichnung für die Erfahrung bestimmter Frequenzen unter Umständen in Verbindung mit z. B. synästhetischen oder musikalisch-literaturbezogenen Assoziationen dar. Aufgrund dieser mit bestimmten Notennamen verknüpfter Bedeutungskomplexe sind Absoluthörer dadurch möglicherweise in ihrer Gedächtnisleistung gegenüber Interferenzen weniger anfällig als bei für sich bedeutungslosen Konsonanten.

In einer Versuchsreihe von Warren Brodsky et al. (1998) hatten Berufsmusiker die Aufgabe, sich Musik nach Noten vorzustellen. Es handelte sich dabei um nur für diese Untersuchung komponierte Variationen bzw. Verzierungen oder Ausschmückungen vertrauter Melodien. Danach sollten die Musiker eine akustisch präsentierte Melodie daraufhin beurteilen, ob diese in den ihnen präsentierten Noten enthalten war – oder nicht. Es wurden drei Experimente, die vier Notenlese-Bedingungen beinhalteten durchgeführt: normales Notenlesen ohne Ablenkung, mit gleichzeitiger rhythmischer Ablenkung (rhythmisches Klopfen), sowie mit artikulatorischer


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