- 48 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (47)Nächste Seite (49) Letzte Seite (202)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

(leises Summen eines Volksliedes) oder akustischer Interferenz. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die artikulatorische Interferenz die Wiedererkennung der Originalthemen mehr behinderte, als die anderen Bedingungen.

Andrea Halpern (2001) untersuchte die Auswirkung transkranieller Magnetstimulation (TMS) auf die musikalische Klangvorstellung.2

2 Bei TMS handelt es sich um eine noninvasive Methode der Beeinflussung von Hirnarealen durch magnetische Pulse. Diese werden von einer Spule ausgesendet, die auf der Schädeldecke über dem jeweils interessierenden Hirnareal aufgesetzt wird. Die inhibitorische Funktion niederfrequenter TMS wird in der Hirnforschung verwendet, um bei gesunden Menschen bestimmte Hirnareale vorübergehend »auszuschalten« und möglicherweise damit einhergehende Effekte im Verhalten der Probanden zu beobachten. So wurde die TMS bereits angewandt, um das visuelle Vorstellungsvermögen zu untersuchen. Stephen Michael Kosslyn et al. (1999) zeigten, dass eine zehnminütige Anwendung einer TMS mit 1 Hz über dem visuellen Kortex die Leistung in den darauf folgenden visuellen Wahrnehmungs- und Vorstellungsaufgaben beeinträchtigte. Lauren Stewart et al. (2001) fanden bei Platzierung der Spule über dem linken Frontallappen bei sechs von neun Probanden eine Störung der Sprechfähigkeit. Die Fähigkeit zu Singen wurde hier jedoch auch bei der Inhibition anderer Hirnareale durch die TMS nicht beeinträchtigt.

Halpern ließ ihre Probanden beurteilen, ob der zweite Ton einer vorgestellten vertrauten Melodie im Vergleich zum Anfangston höher oder tiefer ist. Es wurden Melodien mit und ohne Liedtext verwendet. Die Magnetspule wurde u. a. über dem supplementär motorischen Areal platziert, welches wie bereits oben erwähnt, sowohl beim Singen und Sprechen, als auch bei musikalischer Klangvorstellung aktiviert ist. Die Inhibition zeigte keinen Effekt. Das Ausbleiben eines Effektes lässt hier mehrere Schlüsse zu: (1) Das SMA wurde durch die Konfiguration der Spule und deren Platzierung nicht ausreichend gehemmt. Die Kehlkopfbewegungen würden in diesem Fall nicht wirksam unterdrückt. (2) Das SMA ist im Rehearsalprozess nicht unbedingt erforderlich. Dies erscheint nach den oben angeführten Studien unwahrscheinlich, da dieses Hirnareal sowohl beim Singen als auch beim Vorstellen von Melodien gleichermaßen aktiv ist. (3) Möglicherweise spielt das SMA bei der Vorstellung von Melodien eine größere Rolle. Das hieße, der Vergleich von zwei benachbarten Noten ist zu einfach und erfordert kein inneres Singen. Dagegen spricht die in der Fußnote auf dieser Seite angeführte Studie von Lauren Stewart et al. (2001), in der die TMS keine Wirkung auf das Singen von Melodien mit und ohne Text zeigte.

4.3.  Allgemeine Kritik artikulatorisch-phonatorischer Interferenzparadigmen

In vielen der hier vorgestellten Studien zur musikalischen Klangvorstellung zeigte sich ein negativer Effekt, wenn zeitgleich zur Ausführung einer Vorstellungsaufgabe etwas Irrelevantes artikuliert oder phoniert werden sollte bzw. die Kehlkopfbewegungen auf andere Art (z. B. durch Trinken) beeinträchtigt wurden.

Auch bei sprachbezogenen Studien wurde bereits häufig eine deutliche Auswirkung artikulatorischer Interferenzen festgestellt. So sank z. B. bei Gedächtnisaufgaben die Gesamtleistung und es trat – im Gegensatz zu Bedingungen ohne Interferenz – kein phonologischer Ähnlichkeits- oder Wortlängeneffekt auf. Das heißt,


Erste Seite (i) Vorherige Seite (47)Nächste Seite (49) Letzte Seite (202)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 48 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen