Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Irène Jacob in Die zwei Leben
der Veronika, wollte Kielowski sie unbedingt wieder in einem seiner Filme
einsetzen. Er schrieb das Drehbuch zu Rot schon in dem Wissen, dass sie die
Hauptrolle spielen würde. So schnitt er gewissermaßen die Rolle der Valentine auf sie
zu.29
29
Kielowski, zit. nach (Amiel und Ciment, 1994, S. 29): ». . . , parce qu’au moment
de l’écriture, on pensait déjà à Irène Jacob. Je savait qui elle était;. . . , et je savais qu’elle
donnerait à ce film tout ce qu’elle est.«
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Eine andere Person, mit der Kielowski schon in Ohne Ende, dem Dekalog und in
Die zwei Leben der Veronika zusammengearbeitet hatte, war der Komponist Zbigniew
Preisner. Für Kielowski und sein Vorhaben war es von großer Bedeutung, einen
kreativen fähigen Komponisten zu engagieren, da die Musik zu Blau einen direkten
thematischen Bezug hat. Auch in den anderen beiden Filmen fungiert die Musik
gewissermaßen als Bedeutungsträger und hebt die durch den Film vermittelten Gefühle,
Stimmungen und Bedeutungen auf eine höhere Ebene.
Die Trilogie entstand vom Beginn der Konzeption bis zur Vollendung in zweieinhalb
Jahren, was angesichts der Komplexität ein sehr geringer Zeitraum für drei
Spielfilme ist. Das gesamte Drehen dauerte ohne längere Pausen neun Wochen für
jeden Film. Kielowski arbeitete sehr zügig: Einen Tag, nachdem Blau fertig
gedreht war, wurden die Aufnahmen in Paris für Weiss gedreht, außerdem
arbeitete er beim Drehen von Weiss und Rot gleichzeitig im Schneideraum am
vorausgegangenen Film. Auf diese Art und Weise war es möglich, die drei Filme
innerhalb von nur neun Monaten auf großen Festivals zu präsentieren: Blau
erschien im September 1993 in Venedig, Weiss im Februar 1994 in Berlin und
Rot im Mai 1994 in Cannes. Zurecht merkt Pierre Lachat kritisch an: »Hinter
der Parforceleistung fürs Buch der Rekorde steckt nicht zuletzt kommerzielles
Kalkül.«30
Für Kielowski selbst war es wichtig, Zeit zu
gewinnen.31
31
»Vielleicht nur deshalb, um Zeit zu gewinnen. Wenn man einen Film machen will,
dann braucht man dafür vom ersten Drehbuchentwurf bis zum fertigen Film rund zwei
Jahre. Hier handelt es sich um drei Filme – das wären dann 6 Jahre. Bei diesem Zyklus
kann ich drei Filme in zweieinhalb Jahren machen. So lange dauert es von den ersten
Arbeiten am ersten Drehbuch bis zur Freigabe des letzten Films. Die Rechnung ist also
einfach: Wenn man von 6 Jahren zweieinhalb abzieht, dann ergibt das dreieinhalb.
Dreieinhalb. Das bedeutet, daß ich dreieinhalb Jahre meines Lebens gewonnen habe.«
Kielowski, zit. nach Merker (1993)
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Nach Rot kündigte er an, keinen weiteren Film mehr zu drehen. In Interviews betonte er
oft, dass er sich für den Rest seines Lebens in seinem Haus an einem See in Masuren
zurückziehen32
und »leben«33
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»Making films isn’t a proper way to live; if you really want a life, you really
have to live and not make films.« Kielowski, zit. nach (Andrew, 1998, S.
85)
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wollte. Vielleicht war es also einfach nur der Drang »sich zurückzuziehen«, der ihn zu
dieser Parforceleistung trieb.
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