- 43 -Wollermann, Tobias: Zur Musik in der "Drei Farben"-Trilogie von Krzysztof Kieslowski 
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es im Dekalog 1 der Fall ist, der mit einem Kameraschwenk über den Block und einem Zoom auf ein bestimmtes Fenster beginnt. Im Gegensatz zum Dekalog kann man bei der Trilogie also von einer teleologischen Konzeption sprechen. Theoretisch hätte Kies lowski das Unglück auch als Ausgangspunkt für seine Trilogie benutzen und die Geschichten somit von hinten aufrollen können. Durch Kies lowskis Dramaturgie wird der Zuschauer aber bis zum Ende im Unsicheren darüber gelassen, was mit den Protagonisten passiert. Außerdem lässt er die Trilogie, die viel mit Verlust, Kummer, Einsamkeit und Verzweiflung zu tun hat, auf diese Art und Weise mit einem Hoffnungsschimmer enden. Ein Gegenbild zu diesem Aspekt bildet der Flugzeugabsturz in Der Zufall möglicherweise. Dieser endet aber weniger hoffnungsvoll: bei der Tragödie kommt der Protagonist ums Leben.

Nachdem nun konkrete inhaltliche und motivische Verbindungen der einzelnen Filme Blau, Weiss und Rot zu früheren Filmen erläutert wurden, sollen nun Bezüge der Trilogie (als Gesamtwerk) zu vorausgegangenen Filmen dargestellt werden: Ein solcher Bezug ist der von Preisner und Kies lowski erfundene Komponist Van den Budenmayer. Zum ersten Mal tauchte er im Dekalog 9 auf, dann in Die zwei Leben der Veronika und in der Trilogie in Blau und Rot. Obwohl Kies lowski gegenüber Danusia Stok in (Stok1993, S. 225) äußerte »In each of the three films we cite Van den Budenmayer«, ist in Weiss weder ein verbaler oder musikalischer noch ein visueller Hinweis zu finden.41

41 Hierzu ist anzumerken, dass das Buch Kies lowski on Kies lowski 1993 entstand, als der Film Weiss gerade gedreht und produziert wurde. Wahrscheinlich fand die Figur Van den Budenmayer keinen Platz im Film. Ebenso ist es der ursprünglich geplanten Schlussszene ergangen, die Karol und Dominique gemeinsam auf einer Fähre zeigen sollte. »You see them both on a ferry but you have to see the third film, Red, to know that White has an happy ending.« (Stok1993, S. 217)
Eine weitere Verbindung zum Dekalog stellt das Lied »Do Not Take Another Man’s Wife«, Nr. 12 des Soundtracks zu Rot, dar: Im Dekalog 9 schenkt eine frisch operierte Sängerin, ein weiterer Bezug zu Die zwei Leben der Veronika,42
42 Allerdings stirbt die »polnische« Weronika, die ihre Gesangskarriere nicht aufgeben wollte, in dem Film.
ihrem Arzt eine Platte von Van den Budenmayer, auf der genau dieses Lied gesungen wird. Auch er, der Arzt, musste, ebenso wie Kern und Auguste, die schmerzhafte Erfahrung machen, von seiner Frau betrogen worden zu sein.

3.4.2 Verbindungen innerhalb der Trilogie

Die wohl auffälligste Verbindung der drei Filme untereinander ist das Auftreten aller Protagonisten als Überlebende des Fährunglücks am Schluss von Rot.43

43 Vgl. S. 66
Ebenso auffällig ist eine Szene, die in Blau und Weiss gewissermaßen aus zwei Perspektiven betrachtet wird: In Blau schaut Julie auf der Suche nach Sandrine in den Gerichtssaal, in dem gerade Karols und Dominiques Scheidung verhandelt wird. Andererseits sieht man in Weiss, wie Julie kurz in die Verhandlung hereinschaut, aber sofort von einem Polizisten aus dem Saal gewiesen wird. Als Julie die Treppen zur Wohnung der Kopistin hochgeht, könnte ihr Dominique in einem offenen Fahrstuhl entgegenkommen.44
44 Diese Vermutung ist aber nicht zu verifizieren, da man die Frau nur von hinten sieht, und nur die Größe und die blonden langen Haare den Eindruck hervorrufen, dass es sich bei ihr um Dominique handelt.
Eine weitere aufschlussreiche Verbindung stellen die Reaktionen Julies, Karols und Valentines auf eine bestimmte Situation dar: In allen

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