- 84 -Wollermann, Tobias: Zur Musik in der "Drei Farben"-Trilogie von Krzysztof Kieslowski 
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umfasst die Takte 1–5. Nachdem der Grundton c im Bass erklungen ist, handelt es sich hierbei um eine oktav-verdoppelte von g” absteigende c-moll Tonleiter, bei der nach der punktierten Viertel jedes Achtel einmal repetiert wird (Takt 2–3). Bevor sie in Takt 5 auf einem g’ endet, folgt noch eine längere Repetition der beiden Achtel a’ und g’. Sequenziert werden die Takte 2–5 zweimal, einmal ausgehend vom h” und das zweite Mal ausgehend vom d”’ wiederholt. Der vierte Teil (Takt 14–16) ist im Vergleich zu den ersten 13 Takten sehr langsam und frei gespielt. Dadurch wirkt er wie ein retardierendes Moment. Über die Subdominante f-moll und die anschließende Dominante G-Dur stellt er eine direkte Überleitung zum anschließenden Tango her. Betrachtet man die Musik im gesamten Film, so fällt auf, dass drei unterschiedliche Teile des Tangos existieren, die auf verschiedene Art und Weise miteinander kombiniert werden. An dieser Stelle erklingt zunächst der erste Teil, der im weiteren Verlauf der Arbeit auch mit »Thema B1« bezeichnet wird (vgl. Abbildung 4.14).

Als Karol auf der Müllhalde am Boden liegend in einer Großeinstellung gezeigt wird und sich dann umschaut, stellt er fest: »Gott sei Dank, . . . « (Einstellung 181) und direkt anschließend (Einstellung 182), verbunden mit seinem Panoramablick über die Müllhalde ». . . endlich zu Hause!« Direkt darauf setzen die ersten Takte der Klavierintroduktion ein. Als er, wieder in einer Großaufnahme im Bild, die zerbrochene Büste auf dem Boden liegen sieht und ein Teil zu sich heranzieht, erklingt die erste Sequenzierung (Takt 6). Die zweite Sequenzierung (Takt 10) beginnt kurz nach dem Schnitt zum Segment 19: Karol humpelt mit seinem Koffer auf der Straße entlang nach Hause. Als er den Koffer auf den Boden stellt, um die letzten Meter zum Haus seines Bruders zu laufen und an das Fenster zu klopfen (Einstellung 184), erklingt der vierte Teil der Introduktion. Genau auf den Schnitt zur nächsten Einstellung, die das Haus des Bruders in einer Halbtotalen zeigt, setzt der von einem Streichquintett gespielte Tango ein und untermalt das herzliche Wiedersehen der beiden Brüder. Die Melodie der ersten Violine (vgl. Abbildung 4.14) wird von den im typischen Tangorhythmus94

94 Bei diesem Tango verwendet Preisner den »Rhythmus a«, der auf einer Habanera, einem in den Vororten von Buenos Aires beheimateten Tanz basiert. Häufig wird aber auch der Rhythmus b als typischer Tangorhythmus bezeichnet.

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Oft wird der Rhythmus nicht wie hier im 4/4-Takt, sondern im 4/8-Takt notiert. Vgl. (Gurlitt und Eggebrecht1996, 935)

pizzicato spielenden anderen Streichern begleitet.


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Abbildung 4.14: Tango Thema B1 (Segment 18 und 19)


Direkt nach dem der erste Teil des Tangos ausgeklungen ist, folgt der Schnitt zur nächsten Sequenz. Hier ist der Musik wieder eine trennend gliedernde Funktion zuzuordnen. Ferner soll im Folgenden untersucht werden, ob der Tango auch in engerer Verbindung zum Charakter des Protagonisten steht, denn zunächst scheint er nur insofern zu passen, als dass er u.a. durch sein in Takt 9 und 10 nach C-Dur wechselndes Tongeschlecht und durch seine Instrumentation an ein slawisches Tanzmusikquintett erinnert und somit beim Zuschauer eine Assoziation an Polen hervorruft. Festzuhalten bleibt zunächst an dieser Stelle, dass schon vom ersten


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