sondern weist auch auf die enge freundschaftliche Bindung der beiden Charaktere
hin.
4.2.4 Zusammenfassung:
Drei Farben: Weiss
Über die Entstehung der Musik zu Weiss berichtet Zbigniew Preisner:
»Weiß wurde ohne ein solches musikalisches Konzept (im Vergleich zu Blau;
Anm. des Verfassers) gedreht. Jetzt, beim Schnitt, gibt es immer noch keine
Musik dazu. Ich möchte diesmal etwas völlig anderes machen als bisher.
Vielleicht werde ich in der Folklore meines Landes schöpfen, um den zutiefst
polnischen Charakter des Films zu betonen. Die polnische Musik ist zugleich
romantisch und wild – ungezähmt.«103
103
Preisner, zit. nach dem Presseheft zu Weiss, herausgegeben vom Concorde Filmverleih,
München.
|
Obwohl die Musik in Weiss keine so tragende Rolle in der Handlung spielt wie in Blau
und auch erst beim oder nach dem Schneiden konzipiert wurde, ist in der Analyse
deutlich geworden, dass sie trotzdem, besonders im Bezug auf ihre syntaktischen
Funktionen, sehr artifiziell angelegt ist und sogar noch innerhalb der einzelnen
Einstellungen strukturierend wirkt. Als Beispiel sei u.a. das Segment 72 angeführt. Des
Weiteren werden durch die Musik Schnitte, Segmente und Sequenzen gliedernd
voneinander getrennt oder auch miteinander verbunden. Ähnlich wie in Blau eignet sich
auch hier die eher phrasenhaft angelegte Musik gut, solche syntaktischen Funktionen zu
erfüllen. Die lange nachhallenden Einzeltöne der Bläser und die oft sequenzierten
melodischen Phrasen vereinfachen einen genau passenden Schnitt der Musik zum
Film.
An dieser Stelle sei auf zwei bisher noch nicht erwähnte Stellen im Film hingewiesen,
an denen die Musik der Spannungssteigerung dient. Zum einen handelt es sich dabei um
das Segment 40, in dem Karol nachts in den U-Bahn-Schächten einem Plan folgt, um
sich mit der Person, die umgebracht werden möchte, zu treffen. Die Spannungssteigerung
wird hier innerhalb des Takes, der aus Elementen des Themas A besteht, durch die
Tremoli der Harfe, die tiefe Bassklarinette und die dazu crescendierend in dissonanten
Intervallen hohe Töne spielende Flöte erzeugt. Bei der nächsten Stelle handelt es sich um
das Segment 65. Nachdem Dominique aufgewacht ist und bemerkt hat, dass Karol
verschwunden ist, ruft sie Mikolaj an, der ihr aber nur sagt, dass Karol tot sei. Während
des Gesprächs klopft es an der Tür, Dominique geht davon aus, dass Karol
zurückgekommen ist, beendet das Gespräch und eilt zur Tür. Direkt nachdem
das Klopfen zu hören ist, setzt die Klarinette mit einem gis’ ein, das zum a’
aufgelöst wird und so lange stark crescendiert, bis Dominique die Tür öffnet. In
diesen beiden Szenen dient die Musik ausschließlich der Spannungssteigerung. In
einem solchen Zusammenhang spricht Maas auch von einer »Akzentuierung
von Szenenhöhepunkten (dramatischer Akzent)« und ordnet diese ebenfalls
den syntaktischen Funktionen zu. Schmidt unterscheidet hier etwas präziser
und rechnet ein solches »akustisches Ausrufezeichen« zu den musikalischen
Interpunktionen.104
Auch Schneider spricht in diesem Zusammenhang von einem »musikalischen
Ausrufezeichen«.105
|