- 79 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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5.3.  Fernsehen

Die ersten Versuche, parallel zum Fernsprecher auch einen Fernseher zu entwickeln, reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Zeitgleich mit der Entwicklung des Cinématographen der Gebrüder Lumières versuchte der Deutsche Fernsehpionier Paul Nipkow 1884, den ersten mechanischen Bildfeldzerleger – später auch unter dem Namen Nipkow-Scheibe103

103Diese Scheibe, die er selbst auch als ›elektrisches Teleskop‹ bezeichnete, erhielt das Deutsches Reichspatent No.: 30 105.
bekannt – zu entwickeln. Nipkow stellte sich ein Bild mosaikartig in Punkte und Zeilen zerlegt vor. Dieses wird von einer spiralig gelochten Scheibe abgetastet. Die dabei entstehenden Serien von Lichtpunkten, die in elektrische Impulsserien umgewandelt werden, können im Empfänger mit einer gleichlaufenden Lochscheibe entsprechend wieder zusammengesetzt werden. Nipkows Überlegungen und Erfindungen lagen im Prinzip die Gedanken zugrunde, dass das Fernsehen nur gelingen kann, wenn man die Trägheit des Auges ausnutzt.

Später ging man dann dazu über, das Bildfeld Zeile für Zeile104

104Zunächst zerlegte man das Bild in 60 Zeilen, später in 625.
in elektronische Signale umzuwandeln (zuerst wurden beim Schwarz-Weiß-Bild nur verschiedene Helligkeitswerte unterschieden). Die ersten Versuche, Testbilder auszustrahlen, wurden 1928 in Amerika und 1929 in England unternommen. Die wichtigste Erfindung für die moderne Fernsehtechnik lieferten damals der Amerikaner Vladimir Zvorykin und der deutsche Physiker Manfred von Ardenne. Sie entwickelten den elektronischen Bildabtaster.

In Deutschland erkannte das Nazi-Regime schnell das Potential des neuen Mediums und förderte dessen Weiterentwicklung mit enormen Mitteln. So wurden in Berlin z. B. öffentliche Fernsehstuben eingerichtet, in denen 1936 die ersten großen Fernsehübertragungen anlässlich der Olympischen Spiele gezeigt wurden.

Obwohl die ersten regelmäßigen Ausstrahlungen in Amerika schon in den dreißiger Jahren stattfanden, begann man erst 1947 mit der Serienproduktion von Empfangsgeräten. Bereits ein Jahr später besaßen schon eine Million Haushalte ein Fernsehgerät. Weitere vier Jahre später waren es bereits 15 Million und noch ein Jahr später konnnten schon über 24 Million Haushalte das Fernsehprogramm empfangen. Das Fernsehen prägt seit den vierziger Jahren in den USA und seit den fünfziger Jahren in Europa – später weltweit als Massenmedium – als Leitmedium die politische und kulturelle Öffentlichkeit seither wie kein anderes Medium und hat sich des Weiteren mit Geräteherstellung, Programmproduktion und Werbeindustrie zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor entwickelt und einen entscheidenden Beitrag zur internationalen Krise der Filmindustrie geliefert.

Im Wesentlichen unterscheiden sich die Fernsehsysteme verschiedener Staaten in Reglungsmechanismen und Programmcharakteristik. Unterschieden wird zwischen:

  • staatlichem Fernsehen, dass politisch-ideologischem Dirigismus (idealtypisch in der Ex-UdSSR) unterliegt,
  • privatwirtschaftlich-profitorientiertem Fernsehen, das sich nach Produktionskosten, Werbeeinnahmen und Einschaltquoten reguliert (USA) und
  • öffentlich-rechtlichem Fernsehen, das von Gremien so genannter gesellschaftlich relevanter Gruppen kontrolliert wird (GB und BRD).


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