- 13 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (12)Nächste Seite (14) Letzte Seite (90)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

als eine Geschichte der Rationalisierung, die sich durch die Herrschaft der Vernunft vollzieht. Die Herrschaft der Vernunft stellt einen Antrieb der abendländischen Ideengeschichte dar. Die funktionale Rationalität, die die Beherrschung der Natur durch die Vernunft bedeutet, gilt ursprünglich für die Selbsterhaltung des Menschen. In der modernen gesellschaftlichen Rationalisierung wandelt sich die Vernunft als Beherrschung der Natur zum allgemeinen Instrument der Herrschaft. Die Herrschaft der Vernunft umfasst nicht nur die Natur, sondern zugleich selbst die Menschen. Durch die Geschichte der unreflektierten Herrschaft der Vernunft führt die Zweckrationalität weiterhin zur rationalisierte[n] Irrationalität.8
8
Horkheimer, M., Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, S. 95: Zivilisation als rationalisierte Irrationalität integriert die Revolte der Natur als ein weiteres Mittel oder Instrument.
Aus der Zweckrationalität resultiert also die Korrosion der Vernunft. Die Herrschaft der Vernunft verrät nun in der spätbürgerlichen Gesellschaft den Zweck der Aufklärung.

Auf dieser Rationalisierung der Menschheitsgeschichte beruhen Horkheimer und Adorno zufolge verschiedene Probleme der modernen Gesellschaft – Kapitalismus, verwaltete Welt, Kulturindustrie, Antisemitismus etc. Sie lassen sich nicht als eine Begleiterscheinung der Aufklärung, sondern als Produkt der Herrschaft der subjektiven Vernunft erfassen: Der »Irrationalismus« [des Antisemismus] wird aus dem Wesen der herrschenden Vernunft selber und der ihrem Bild entsprechenden Welt abgeleitet.9

9
Adorno, T. W. / Horkheimer, M., a. a. O., S. 7.
In der Wirklichkeit kehrt die aufgeklärte Zivilisation somit zur Barbarei zurück. So lautet die These von Horkheimer und Adorno: Aufklärung schlägt in Mythologie zurück.10
10
Ebd., S. 6.

Jürgen Habermas schließt an die Diagnosen von Weber, Horkheimer und Adorno an. Seinen Bezugspunkt zum Diskurs der Moderne bildet auch das Krisenbewusstsein, dass die Moderne von Selbstzerstörung bedroht sei. Seine Kritik an der Moderne unterscheidet sich jedoch von dem Pessimismus von Weber, Adorno und Horkheimer: Denn er sieht anders als seine Vorgänger einen Ausweg aus der Krise des modernen Projekts. In seiner Kritischen Theorie der Moderne versucht er den philosophischen Diskurs der Moderne zu rekonstruieren.

Habermas greift die begriffliche Unterscheidung der Zweckrationalität bzw. funktionalen Rationalität und der Wertrationalität bzw. substantiellen Rationalität auf. Nach seiner Ansicht koexistieren beide Rationalitäten in der Gesellschaft: Während die substantielle Rationalität in der Lebenswelt herrscht, dominiert die funktionale Rationalität im Bereich der Ökonomie und der Verwaltung. Ein Problem entsteht erst dann, wenn die funktionale Rationalität in Lebensbereiche, die um Aufgaben der kulturellen Überlieferung, der sozialen Integration und der Erziehung zentriert [. . . ] sind, eindringt.11

11
Habermas, J., Die Moderne – ein unvollendetes Projekt, in: Welsch, W. (Hrsg.), Wege aus der Moderne, Berlin: Akad. Verlag 1994, S. 177–192, hier: S. 183.
Die so genannte Kolonialisierung der Lebenswelt, zu der die moderne Rationalisierung geführt hat, stellt seinen Bezugspunkt der Kritik an der Moderne dar.

Er beschreibt bei der Betrachtung der gesellschaftlichen, ökonomischen Modernisierung die der Aufklärungs-Moderne widersprechenden Phänomene, d. h. die Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Teilbereiche sowie des einzelnen Subjektes. Er


Erste Seite (i) Vorherige Seite (12)Nächste Seite (14) Letzte Seite (90)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 13 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne