- 14 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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charakterisiert drei Trends für die strukturellen Veränderungen von Weltbildern wie folgt:

Zunächst verlieren die dominierenden Bestandteile der kulturellen Überlieferung den Charakter von Weltbildern, also von Interpretationen der Welt, der Natur und der Geschichte im ganzen. [...] Ferner sind die seit dem Protestantismus von einer Kultpraxis weitgehend gelösten, zugleich verinnerlichten und privatisierten Glaubenseinstellungen noch einmal subjektivistisch gebrochen worden. Der liberale Habitus eines Fürwahrhaltens [...] entspricht der Anerkennung eines Pluralismus unentschieden um Wahrheit konkurrierender Glaubensmächte: praktische Fragen sind nicht mehr wahrheitsfähig, Werte irrational. Schließlich sind Moralvorstellungen weithin von theoretischen Deutungssystemen abgekoppelt [...].12

12
Habermas, J., Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1973, S. 112–113.

Dabei sieht Habermas das Eindringen der an Maßstäben der ökonomischen und der administrativen Rationalität ausgerichteten Modernisierung in Lebensbereiche. Ihm zufolge kristallisieren sich dadurch die derzeit dominierenden Bestandteile der kulturellen Überlieferung um objektivierende Wissenschaft, nachauratische Kunst und universalistische Moral.

Indem die Weltbilder zerfallen und die überlieferten Probleme unter den spezifischen Gesichtspunkten der Wahrheit, der normativen Richtigkeit, der Authentizität oder Schönheit aufgespalten, jeweils als Erkenntnis-, als Gerechtigkeits-, als Geschmacksfragen behandelt werden können, kommt es in der Neuzeit zu einer Ausdifferenzierung der Wertsphären Wissenschaft, Moral und Kunst.13

13
Habermas, J., Die Moderne – ein unvollendetes Projekt, a. a. O., S. 183–184.

So charakterisiert Habermas die kulturelle Moderne im Prozess der Rationalisierung durch die Ausdifferenzierung der Wertsphären Wissenschaft, Moral und Kunst, welche gleichzeitig das Autonomwerden von spezialistisch bearbeiteten Sektoren und deren Abspaltung von einem Traditionsstrom bedeutet. Dadurch gerät die Moderne in die Krise: Sie erlangt – so Habermas – eine neue Unübersichtlichkeit und den Mangel an Orientierung und Einheit.

Seine Kritik an der Moderne, durch die er die Suche nach Verbesserungen der alten Konzepte auszurufen vermag, richtet sich gegen das Prinzip der subjektiven Vernunft. Ihm zufolge reduziert sich der philosophische Diskurs der Moderne auf die subjektzentrierte Vernunft, die ihre Maßstäbe an Kriterien von Wahrheit und Erfolg findet, welche die Beziehungen des erkennenden und zweckmäßig handelnden Subjekts zur Welt möglicher Objekte regulieren. »Rationalität« bedeutet in diesem Sinne die Disposition sprach- und handlungsfähiger Subjekte, fehlbares Wissen zu erwerben und zu verwenden.14

14
Habermas, J., Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996, S. 366.
Die subjektive Vernunft bleibt dem bewusstseinsphilosophischen Paradigma verhaftet, das von einem sich handelnd auf Objekte beziehende Subjekt ausgeht. Nach Habermas’ Ansicht besteht die Aporie der Subjektphilosophie in der Erschöpfung des bewusstseinsphilosophischen Paradigmas.


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