- 19 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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3.  Eine Metaerzählung: Autonomieästhetik

3.1.  Die Entstehung der autonomen Musik durch das Auftreten des Bürgertums

Die epochale Moderne zeichnet sich durch den Zerfall der Monarchie und das Auftreten des Bürgertums aus. Der Gedanke der menschlichen Gleichheit, die sich bereits im 17. Jahrhundert im Gedanken des Naturrechtes von Thomas Hobbes und John Locke ausgedrückt hat, steigert sich durch den Aufklärungsgedanken und bereitet den Boden fürs Bürgertum. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaften eröffnet der Rationalismus – der Glaube an die menschliche Vernunft – die Philosophie der Neuzeit. In diesem Umfeld geschehen die Revolutionen in Europa, deren Ideen insbesondere in der Französischen Revolution (1789) geprägt werden.

Durch die Revolutionen gelangt das Bürgertum zum ersten Mal an die politische Macht, was einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte darstellt. Die Ideen der Französischen Revolution – Freiheit und Gleichheit – bilden die Ideologie der durch diese Revolution Herrschaft erhaltenen Bürger. Die Bürger stehen nun im Mittelpunkt der Geschichte und besetzten all die Bereiche, die ihnen früher nicht zugänglich waren. Die Kunst liegt nun auch im den Bürgern zugänglichen Bereich.

Mit dem Auftreten des Bürgertums und durch die Entwicklung des Kapitalismus wird der Künstler ein weiteres Objekt im kapitalistischen Waren–Geld–Verhältnis. Dementsprechend ändert sich das soziale Verhältnis des Künstlers von dem vormundschaftlichen Mäzenatentum des Feudalismus zum marktorientierten Arbeitsverhältnis des Kapitalismus. Selbstverständlich gibt es eine Übergangszeit vom Mäzenatentum zum marktorientierten Arbeitsverhältnis.1

1
Vgl. Williams, R., The Sociology of Culture, New York: Schoken, 1982, Kap. 2 Institution.
Beispielsweise erreichen Mozart und insbesondere Beethoven in dieser Übergangsphase den Status der ersten freien Musiker.

Das öffentliche Konzert, das eine bereits seit dem 17. Jahrhundert bestehende Form der Aufführung der Musik ist, spielt in dieser Zeit eine bedeutende Rolle für die Verfestigung des neuen Arbeitsverhältnisses des Künstlers. Das Publikum des zu diesem Zeitpunkt stattfindenden öffentlichen Konzerts besteht aus den Bürgern. Das öffentliche Konzert deutet nicht nur die Einordnung des Künstlers und der Kunst in das Waren–Geld–Verhältnis an, sondern verweist auch auf die ästhetische Idee der Autonomie der Kunst.

Die Musik wird durch die die feudalistische Klassengesellschaft umstürzenden, bürgerlichen Revolutionen von der Gebrauchsfunktion emanzipiert und als Objekt genossen. Die Musik, die keiner bestimmten Klasse dient, wird als Objekt im öffentlichen Konzert aufgeführt und gehört. So ändert sich die Zugangsweise der Musik gravierend. Der Musikwissenschaftler Heinrich Besseler legt ein Modell zur Unterscheidung zwischen der Gebrauchsmusik und der autonomen Musik in Bezug auf


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