ihre Zugangsweise, bzw.
das Musikhören dar: Die Zugangsweise der Gebrauchsmusik wird durch das Vollziehen
der Musik charakterisiert, wobei das Hören bloß eine untergeordnete, mitgehende Rolle
spielt.2
Vgl. Besseler, H., Grundfragen des musikalischen Hörens, in: Dopheide, B. (Hrsg.),
Musikhören, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975, S. 65.
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Der Grundcharakter der Gebrauchsmusik wird Besseler zufolge als umgangsmäßig
bezeichnet.3
Umgangsmäßige Musik wird beim Mitvollzug einer Liturgie, eines Gebets oder eines
Tanzes durch das bloße Mithören – oder Nebenbeihören – wahrgenommen. Im Gegensatz
dazu wird in der gegenständlichen Musik außer dem Formalen nur das Klangliche
erfasst.4
Die Zugangsweise der gegenständlichen Musik – der so genannten
autonomen Musik – ist nach Besseler durch ein eigenständiges Hören
gekennzeichnet.5
Beim eigenständigen Hören besteht zwischen Musik und Hörer ein Abstand.
Es handelt sich dabei nicht mehr um das Mitvollziehen, sondern um das
Nachvollziehen.6
Die gegenständliche Musik setzt den Anspruch voraus, um ihrer selbst willen gehört zu werden.
Demnach unterliegt dem eigenständigen Hören die allgemeine Erwartung eines ästhetischen
Genießens.7
Die autonome Musik, d. h. die Musik, die dazu da ist, um ihrer selbst willen
gehört zu werden, wird im Zusammenhang mit der in der Neuzeit entstandenen
Ästhetik zur Kunstmusik als Gegenstand der sinnlichen Erkenntnis erhoben.
Seit der Begründung der Ästhetik als eine Wissenschaft des Schönen und der
Kunst8
Als Begründer der Ästhetik als eine Wissenschaft gilt Alexander Gottfried Baumgarten
(1714–1762). Die Ästhetik basiert auf der zwar klaren aber nicht deutlichen Erkenntnis im
Gegensatz zu der klaren und deutlichen Erkenntnis Decartes’. Nach Baumgarten gehört die
Erkenntnis, die zwar klar aber nicht deutlich ist, zur Sinnlichen.
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erreicht der Gedanke der Ästhetik bei Kant das interesselose Urteil über den ästhetischen
Gegenstand.9
Vgl. Kant, I., Kritik der Urteilskraft, Erster Teil. Erstes Buch. Analytik des Schönen §1 – §5,
Hamburg: Meiner, 1990, S. 39–48.
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Der Begriff der Kunstmusik steht im engen Zusammenhang mit dieser Theorie der
Interesselosigkeit, in der die ästhetischen Urteile an sich gar kein Interesse der Subjekte
begründen. Die Kunstmusik gilt der autonomen Musik, die sich von der mit dem
Interesse der Subjekte verbundenen Gebrauchsfunktion emanzipiert hat und dadurch die
Gegenständlichkeit des ästhetischen Urteils erhält.
Die im öffentlichen Konzert aufgeführten Werke richten sich nicht auf einen
bestimmten Zweck, sondern auf die Allgemeinmenschlichkeit nach der Logik der Kunst
an sich. Dadurch rückt der Begriff der Kreativität des Künstlers in den Vordergrund.
Damit ändert sich auch die Funktion des Publikums: Es handelt sich nun um Personen,
die die Musik genießen und konsumieren. Durch die Verbreitung des öffentlichen
Konzerts entsteht der Begriff »Kenner und Liebhaber« unter den Hörern. Diese
Kennerschaft begründet eine Niveaugleichheit zwischen Künstler und Hörer. Somit
bilden die Kenner eine geschlossene Gemeinde, welche die Arbeit des Künstlers versteht
und beurteilt. Das Bildungsbürgertum als die Gemeinde der
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