- 21 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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Kenner empfindet die Kunstmusik – die Oper, die Kammermusik, die Symphonie etc. – als die ihm angemessene Kultur.

Durch das bürgerliche Bewusstsein ergibt sich die Unterscheidung der Kunst- und Trivialmusik: Gegenüber der zur Tonkunst erhobenen Musik, die im bürgerlichen Konzertsaal stattfindet, verfällt die so genannte Unterhaltungsmusik in dieser Zeit, die zum Repertoire einer Hofkapelle oder eines Collegium musicum gehört, zwangsläufig der Trivialität, da sie einen außermusikalischen Zweck erfüllt. Die Trivialmusik, die in Tanzsälen, Festhallen, Kaffeehäusern und Gartenlokalen stattfindet, benutzt die Elemente der Volksmusik und konkretisiert die Inhalte der gesellschaftlichen Ideen wie z. B. Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit auf dem Boden der sozialen Realitäten. Durch die Verbreitung der Trivialmusik bildet die Musik der Unterhaltungsfunktion eine wichtige Kultur neben der von Kennerschaft und Bildung getragenen Musik.10

10
Wicke, P., Von Mozart zu Madonna. Eine Kulturgeschichte der Popmusik, Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1998, S. 14.

Die Unterscheidung der Kunst- und Trivialmusik bedeutet jedoch in der frühkapitalistischen bürgerlichen Gesellschaft keine Polarisierung der beiden. In der Zeit des öffentlichen Konzerts kommt hinzu, dass sich inhaltliche wie formale Aspekte trivialer und künstlerischer Musik – wie Adorno beispielsweise Mozarts »Zauberflöte« genannt hat – versöhnen: E- und U-Musik gehen ineinander über.11

11
Vgl. Adorno, T. W., Einleitung in die Musiksoziologie, 8. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1992, S. 36.
Des Weiteren bedeutet die Unterhaltungsfunktion der Musik in dieser Zeit keinen ästhetischen Verfall. Sie [die Unterhaltungsfunktion der Musik] war unproblematisch, formuliert Dahlhaus, solange der ästhetische Sachverhalt, daß Musik ein Divertissement sein konnte, mit dem sozialen Urteil, daß sie verschiedenen gesellschaftlichen Schichten angehörte und deren Spuren an sich trug, nicht in Konflikt geriet.12
12
Dahlhaus, C., Postmoderne und U-Musik, in: Österreichische Musikzeitschrift, 40. Jg. 1985, S. 154.

3.2.  Legitimierung der autonomen Kunst: die Autonomieästhetik in der Ästhetischen Moderne

Das Bewusstsein, dass die autonome Kunstmusik mit dem Slogan »Autonomie der Musik« von der funktionalen, populären Musik radikal unterschieden und hochrangig bewertet wird, kommt durch die Strömung der ästhetischen Moderne zustande, die entgegen der bürgerlichen kapitalistischen Moderne mittels der Kunst die Idee der Moderne – die Selbstkritik – auszudrücken vermag.

In Deutschland fängt diese Strömung mit der Romantik an. Die Romantik entwickelt sich an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zur dominierenden Strömung und Kunstform des gesamteuropäischen Denkens und Kulturlebens.13

13
Jaeger, F. / Rüsen, J., Geschichte des Historismus, München: Beck, 1992, S. 26.
Die Romantik findet ihren Anfang im Krisenbewusstsein der Aufklärungsmoderne. Die romantische Kritik geht davon aus, dass der Glaube der Aufklärung an die Vernunft in der durch die Vernunft hergestellten, bürgerlichen Gesellschaft zerstört wird. Durch die gesellschaftliche Modernisierung wird das soziale und ökonomische

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