- 23 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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und eigenwertig gehalten. Die Töne der Instrumente seien abgesondert und absolut.18
18
Vgl. Wiora, W., ebd., S. 30.
So wird der Instrumentalmusik – der so genannten absoluten Musik – die wahre, reine Tonkunst zugeschrieben. Die Musik wird mithin in der Romantik zur höchsten Kunst wie nie zuvor.

In der Instrumentalmusik ist die Kunst unabhängig und frei, sie schreibt sich nur selbst ihre Gesetze vor, sie phantasiert spielend und ohne Zweck, und doch erfüllt und erreicht sie den höchsten.19

19
Tieck, L., Werke. Nach dem Text der »Schriften« von 1828, Thalmann, M. (Hrsg.), Darmstadt, 1963, S. 305, zitiert nach Wiora, W., ebd., S. 30.

Der in der Strömung der Romantik geprägte Begriff der Tonkunst spiegelt somit die Idee der moderne Ästhetik wider: die Autonomie der Kunst. So bildet sich die sich über Jahrhunderte erstreckende Idee der »Institution Kunst«20

20
Dahlhaus, C., Grundlagen der Musikgeschichte, Köln: Hans Gerig, 1977, S. 178.
im Umfeld der deutschen Romantik heraus. Die Idee der Autonomie führt auch zur »Autonomisierung« älterer Musik21
21
Ebd., S. 179.
durch die in dieser Zeit entstandene geschichtliche Forschung der Musik. In diesem Zusammenhang wird z. B. Bachs Musik durch Abstraktion von ihren Zweckbestimmungen zur klassischen Ausprägung einer zentralen Idee der absoluten Musik wieder entdeckt.22
22
Ebd., S. 178.
Mit der Idee der romantischen »Restauration« bedeutet die »Autonomisierung« älterer Musik vielmehr die »Historisierung« des Repertoires, die im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts einsetzte.23
23
Ebd., S. 179.

In Frankreich bildet die Bewegung ›L’art pour l’art‹ eine wichtige Richtung der ästhetischen Moderne, welche die Kunst um ihrer selbst willen fordert. Die Kunst um ihrer selbst willen ist nicht geleitet von Kants Kunstideal des interesselosen Wohlgefallens, sondern von der politisch motivierten, gegen die Bourgeoisie gerichteten Idee der Nutzlosigkeit der Kunst. Gautiers berühmter Satz »épater le bourgeois« drückt diese Idee aus.24

24
Vgl. Calinescu, M., a. a. O., S. 56–57.
Durch den Ausdruck des Schmerzes des Dichters lässt Gautier erkennen, dass der Künstler in einem Gegensatz zur Gesellschaft steht, an der und durch die er leidet, und daß er einen besonderen Wert hat.25
25
Krömer, W., Die französische Romantik, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975, S. 70.
Der Künstler setzt einer unbefriedigenden Welt sein Werk entgegen, das wenigstens ästhetisch befriedigend ist.

Auch wenn die Künstler von ›L’art pour l’art‹ anders als viele Romantiker nicht ihr Leiden darstellen, sondern sich dieser Welt entziehen, in eine selbst geschaffene Welt ästhetischer Bezüge ausweichen, besteht ein Zusammenhang zwischen der Haltung der Künstler von ›L’art pour l’art‹ und derjenigen des in der Romantik ausgedrückten Pessimismus des 19. Jahrhunderts: Sie fliehen von der Welt, die ihr Glücksverlangen nicht erfüllt, und suchen in dem in sich geschlossenen Kunstwerk, das seine ästhetische Rechtfertigung in sich trägt, nach Auswegen aus den gesellschaftlichen Widersprüchen.26

26
Ebd., S. 73.
Die deutsche Romantik und die französische

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