- 26 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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angesehen, da die Massenkultur nicht von Massen selbst reproduziert, sondern als von der Kulturindustrie kontrolliert dargestellt wird.

Nach Adorno und Horkheimer wandelt sich die Kultur zu einem das Bewusstsein der Person manipulierenden Typus. Die Kulturindustrie dringt in die Freizeit als die Verlängerung der Arbeitszeit ein und bietet zwar die Entspannung an, aber verabschiedet sich von der Realität: Sie beschreibt bloß die falsche Utopie. Die brüchige Ästhetik der Kulturindustrie ist keine Sublimierung, sondern Unterdrückung. Die Kulturindustrie zielt eher auf das Vergnügen als auf die Sublimierung.

Die Distanz zwischen Produzenten und Konsumenten wird immer größer, und die Konsumenten werden insgesamt dem Kapitalismus untergeordnet. Widerstand ist nicht erlaubt, stattdessen wird eher der Verzicht gefördert. Anschließend taucht die Selbstverachtung auf: Widerstandslosigkeit und Auslöschung des Individuums. Dabei wird alles fragmentarisch. Die Kunst hat von nun an nur Tauschwert und damit den Fetischcharakter.33

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Vgl., Adorno, T. W., Kulturindustrie, Aufklärung als Massenbetrug, in: Adorno, T. W. / Horkheimer, M., Dialektik der Aufklärung, Frankfurt a.M: Fischer Taschenbuch, 1997, S. 128–176; Adorno, T. W., Über den Fetischcharakter in der Musik und die Regression des Hörens, in: Adorno, T. W., Dissonanzen. Musik in der verwalteten Welt, Gesammelte Schriften 14, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1998, S. 14–50.

Die Kritik der Frankfurter Schule an der ideologischen Funktion der Kulturindustrie ist mit ihrem ästhetischen Gesichtspunkt gekoppelt, in dem die Überwindung der Krise durch die autonome Kunst erhofft wird. Der Kritik an der Kulturindustrie unterliegt eine moderne ästhetische Auffassung: d. h. die Schönheit ist sublim. Daher wird die Einordnung der Kunst in die Kultur wie ein Bruch des Gewohnheitsrechtes angesehen. Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen ist die Ästhetik der Kulturindustrie ein Hedonismus – oder noch genauer: ein Hedonismus in der Dekonstruktion der Menschheit.34

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Der Benjaminsche Terminus »Verlust der Aura« drückt eigentlich nicht die pessimistische Meinung aus, dass das von der Frankfurter Schule erträumte Ziel der Kunst, »die Autonomie der Kunst«, verloren gegangen ist. In dem Ausdruck »Verlust der Autonomie« wird eher ein optimistisches Moment, in dem das revolutionäre Ziel der Kunst möglich sei, angesehen. Nach Benjamin vermindert der Verlust der Aura die räumliche Distanz der Dinge und wird verknüpft mit dem zunehmenden Wunsch der Massen nach der neuen Anordnung der Gegenstände, worin Benjamin ein revolutionäres Moment sieht (vgl. Benjamin, W., Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1963).

Die Analyse der Kulturindustrie wird von Adorno auf die Beschreibung der Musikkultur übertragen. Im Zeitalter der Kulturindustrie, wo die Entfremdung zwischen Musik und Gesellschaft groß wird, verschwindet in vielen Musikwerken der Erkenntnischarakter der Kunst, der den Bezugspunkt der Wahrheitsästhetik Adornos bildet. Adornos Kritik richtet sich dabei gegen die Musikkultur als Kulturindustrie und bringt den Unterschied zwischen der den Warencharakter verweigernden Musik und der dem Gesetz des Warenmarktes folgenden Musik zum Bewusstsein. Dadurch wird die Polarisierung der E- und U-Musik verstärkt: Der Originalität der Kunstmusik – E-Musik – steht der Warencharakter der Massenkultur – U-Musik – entgegen. Adorno betrachtet die Beziehung von leichter und ernster Musik als kulturellen Antagonismus, denn der Bereich der ernsten Musik, die sich nach Adorno durch die autonome Produktion auszeichnet, verliert im Zuge der Industrialisierung ihren Einfluss auf die Unterhaltungsmusik.


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