- 34 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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Die Geschichtsphilosophie selbst ist somit ein Produkt der Aufklärungs-Moderne. Die Geschichtsphilosophie entsteht nach dem Ende der Geschichtstheologie, in der der Mensch anstelle Gottes die Stellung als Subjekt der Geschichte einnimmt. In der modernen Geschichtsphilosophie entsteht die Geschichte, wenn der Mensch die Verantwortung übernimmt, d. h. wenn der Mensch die Geschichte aktiv gestaltet. Auf diese Geschichtsphilosophie im Sinne der Aufklärungs-Moderne stützt sich die moderne Geschichtsschreibung.

Das aufklärerische Selbstverständnis des modernen bürgerlichen Subjekts in seiner Geschichte hängt mit den Fortschrittsgedanken der Aufklärung eng zusammen. Dem Fortschrittsgedanken der Aufklärung liegt die Idee zugrunde, dass die Menschheit zu einem durch Vernunft geprägten Ideal der Kultur stufenweise, aber dennoch kontinuierlich aufsteigt. Dahinter steht die Vorstellung einer vollends aufgeklärten, zivilisierten Gesellschaft, welche die durch die bürgerlichen Revolutionen begründete, bürgerliche Gesellschaft des 18. Jahrhunderts und deren Lebensform andeutet.

Die Französische Revolution von 1789 war für die Zeitgenossen in ganz Europa ein bedeutendes Ereignis, das politische Denken und historische Erfahrung integriert. In der Französischen Revolution wurde die politische Freiheit als Recht aller Menschen zum Prinzip und zum Zweck der Gesellschaft und des Staates erhoben. Damit scheint für Immanuel Kant ein Höchstmaß an Freiheit, die die Triebfeder für die Entwicklung der menschlichen Anlagen darstellt, nur in der bürgerlichen Gesellschaft möglich zu sein.

Die Geschichte der Menschheit folgt einem verborgenen Plan der Natur, alle Anlagen in der Menschheit zu verwirklichen, was nur in einem vollkommenen bürgerlichen Zustand nach innen und einem weltbürgerliche Zustand nach außen erreicht werden kann.16

16
Vgl. Kant, I., Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, 1949 (1. Aufl. 1784), A 404.

Nach Kant betrachtet die Geschichtsphilosophie den Gang der Freiheit im großen Maßstab, die nicht am einzelnen Menschen, aber in der Gattung erkannt werden kann.17

17
Vgl. ebd., A 387.

Der Enthusiasmus für das, was mit der Französischen Revolution in die Geschichte getreten ist, führt Georg Wilhelm Friedrich Hegel zur These der emanzipativen Selbstbestimmung des Menschen. Hegels die Zeitgeschichte zum philosophischen Rang erhebende Philosophie entdeckt das Prinzip der Moderne in der Subjektivität. Bei Hegel, der das Problem der Selbstvergewisserung der Moderne zum ersten Mal philosophisch behandelt hat, wird »Subjektivität« durch »Freiheit« und »Reflexion« erläutert. Als historische Schlüsselereignisse für die Durchsetzung des Prinzips der Subjektivität nennt Hegel Reformation, Aufklärung und Französische Revolution. Da das Menschsein die Freiheit einschließt, versteht Hegel auch die Weltgeschichte als die Geschichte, deren Prinzip die Freiheit ist.

Als Geschichtsphilosophen versuchen Kant und Hegel die Frage nach der Bedingungsmöglichkeit eines Zusammenhangs geschichtlicher Ereignisse durch eine philosophische Basistheorie zu beantworten. Für eine solche Systematisierung der Geschichte fragt Kant nach einem objektiven, natürlich vorgegebenen Zweck –


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