- 50 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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Das Korrelat von Ästhetik und Geschichte, das den Boden für eine Musikgeschichtsschreibung bereitet, zeigt nichts weiter als die Funktion der Historischen Musikwissenschaft, die Identität der abendländischen Kunstmusik zu untermauern. Die die abendländische Kunstmusik legitimierende Auffassung der Musik als schöne Kunst in der Geschichtlichkeit, bzw. der Musik als Sinnträger des Geistes in seiner Geschichtlichkeit und in ihrer je historisch bedingten Schönheit26
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Eggebrecht, H. H., Musikwissenschaft, in: Riemann-Musiklexikon. Sachteil. 12. Aufl. Mainz, 1967, S. 616, zitiert nach Schneider, a. a. O., S. 38.
bestimmt den Forschungsgegenstand der Historischen Musikwissenschaft: Musik als abendländische Kunstmusik in der abendländischen Geschichte. Infolgedessen werden die Musikphänomene, die nicht der Bestimmung der Musik als Tonkunst entsprechen, entweder von der Historischen Musikwissenschaft ausgeschlossen oder nur am Rande als Nicht-Kunstmusik erwähnt, wobei sich die abendländische Kunstmusik grundlegend von außereuropäischer Musik unterscheidet.

Die Aufsätze von Hans Heinrich Eggebrecht belegen dies ganz deutlich. Im Aufsatz »Musik als Tonsprache« (1961) plädiert Eggebrecht für den Begriff »Tonsprache«, da dieser ihm als eine wohl ideale Charakterisierung der Musik erscheint.27

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Eggebrecht, H. H., Musik als Tonsprache, in: Archiv für Musikwissenschaft, Bd. 18, 1961, S. 70, zitiert nach Schneider, A., a. a. O., S. 37.
Sie sei eine Wesensbestimmung, die selbst nicht geschichtlich begrenzt ist und doch die Geschichtlichkeit zum Prinzip der Musik erhebt, – eine Bestimmung nämlich, in der Theorie zur Bedingung der Musik gehört, womit deren ›abendländische‹ Eigenart bezeichnet ist, d. h. zugleich: ihr griechischer Ursprung.28
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Ebd.
Anschließend legitimiert Eggebrecht in seinem Artikel »Geschichte der Musik« im Riemann-Lexikon (1967) die abendländische Tonkunst in Verbindung mit ihrer Geschichtlichkeit: Nur die abendländische Musik, die griechische Herkunft habe, habe Geschichte eines immerwährenden Wandels ihrer Erscheinungsformen, in der Weise einer beständigen Folge neuer Musik, wobei in solcher Geschichtlichkeit die Musik nur dem Abendland eigene Erscheinung ist.29
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Eggebrecht, H. H., Art. Geschichte der Musik, in: Riemann-Musiklexikon, Sachteil, 12. Aufl. Mainz 1967, S. 330.
Somit gründet die Vorherrschaft der abendländischen Tonkunst auf zwei Momente: Theorie und Geschichtlichkeit.30
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Scheider, A., a. a. O., S. 12.
Der abendländischen Kunstmusik gegenüber steht als Gegenpol die vorgeschichtliche (vormusikalische), gleichsam naturwüchsige, oder die noch nicht europäisch beeinflußte Gestaltung des Klingenden, die so wenig Praxis genannt werden kann, wie sie Theorie kennt, und die sich durch ihre relative Geschichtslosigkeit auszeichnet.31
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Eggebrecht, H. H., a. a. O., S. 330.

Die die europäische Kunstmusik legitimierende Funktion der Historischen Musikwissenschaft, die auf den Wertbegriffen der Geschichtlichkeit und der Kunst beruht, führt zur Präponderanz des historischen Zweiges der Musikforschung.


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